Rund 120 Mitglieder hatten sich am lauschigen Dienstag-Sommerabend in der gut gekühlten VIP-Ebene 1 im Stadion bei guter Stimmung eingefunden. Sie trafen auf ein gut aufgelegtes Präsidium in Person von Dr. Michael Bürger und Ronny Rehn. Vizepräsi Ronny Rehn begeisterte durch eine exzellente inhaltliche Vorbereitung und lockere Gesprächsführung. Seine Fachkenntnis ist ja hinlänglich bekannt, aber gestern lieferte er vorerst sein Meisterstück. Seine fachlichen und privaten Fragen an die Protagonisten brachten immer wieder interessante Aspekte in die Diskussion ein und sorgten in den Antworten für manchen AHA-Effekt.
Insgesamt war die Organisation top, es herrschte kein Mangel an kühlen Getränken und die aus dem Stadion bekannten Nudeln und die obligatorische Bockwurst gingen als angemessene Verpflegung durch.
Rede und Antwort standen (Gäste möchte man ja nicht sagen) Vizekapitän Lars Bünning, Cheftrainer Thomas Stamm und der Geschäftsführer Sport Thomas Brendel. Als „Special Guest“ trat später noch Stephan Zimmermann vor die anwesenden Mitglieder.
Erster Interviewpartner war Thomas Brendel. Er ging auf die gerade abgeschlossene Transferperiode ein. Sein „Ding“ sind keine Schnellschüsse, sondern Wirtschaftlichkeit, Homogenität und die Perspektive bei Transfers. Trotz Ankündigung habe man am Ende doch nichts zu 100% Passendes gefunden, um die Mannschaft im Rahmen der genannten Prämissen noch kurzfristig zu verstärken. Man bleibt bei einigen interessanten Spielern dran, um vielleicht im Winter noch zusammen zu kommen.
Er selbst hat selbst lange Fußball als Mittelstürmer beim FSV Frankfurt und diversen anderen Verein bis in die Regionalliga gespielt, war dann Trainer und Manager hauptsächlich auch beim FSV Frankfurt. Auch unternehmerisch hat er sich schon betätigt. Nach vielen Jahren bei seinem Heimatverein sah er die Zeit gekommen, sich neuen Aufgaben zu widmen. Hat aufgrund der Strahlkraft von Dynamo seiner Bewerbung, die erste an die er sich überhaut erinnern kann, aber wenig Chancen gegeben. Umso mehr freut er sich nun und ist stolz hier arbeiten zu dürfen. Auf die Frage, ob er sich auch mal die Rückkehr auf den Trainerstuhl vorstellen kann, lehnte er dies mit Vehemenz ab. Privat hat er sich schon sehr gut in Dresden eingelebt. Um diesen Effekt zu verstärken, wurde er ad hoc von Wolf-Rüdiger Ziegenbalg zum Weinfest nach Kötschenbroda eingeladen.
Es wurde natürlich auch über seine Arbeit gesprochen. Er verteidigte die Verpflichtung einiger Perspektivspieler, weil man auch Spieler entwickeln will, welche sich erst an die Atmosphäre und Anforderungen in der dritten Liga und bei Dynamo Dresden gewöhnen sollen. Man erwartet bei einigen einen Leistungssprung, wenn sie entsprechend mitarbeiten. Genannt wurden Dennis Duah, David Kubatta und später noch Jan-Hendrik Marx. Den Wechsel von Tom Zimmerschied erklärte er mit unterschiedlichen Vorstellungen, welche die Beteiligten in perspektivischen Fragen hatten. Sein Wechsel ist bedauerlich, aber eine qualitative Lücke hinterläßt er nicht. Er sieht da speziell Jonas Sterner und Phillip Heise als Alternativen.
In diesem Zusammenhang lobte er die Arbeit von Kaderplaner Paul Wagner, welchen man als wandelnde Datenbank bezeichnen kann. Wenn man ihm die entsprechenden Anforderungen nennt, kann er umgehend potentiell passende Spieler herausfinden. Alles andere ist dann Sache von Verhandlungen und des Budgets. Den Einwurf eines Mitgliedes, Ronny Rehn ob seiner speziellen Kenntnisse in Tschechien da mit einzubeziehen wurde mit Augenzwinkern angenommen.
Presseberichten zu Verkaufsabsichten hinsichtlich Kyu-Hyun Park begegnete er mit Unverständnis. Wenn „Parki“ fit ist, wird er wieder Teil der Mannschaft sein. Überhaupt liest er wenig Presse und Social Media.
Als nächster stellte sich Thomas Stamm den Fragen der Mitglieder und einleitend von Ronny Rehn. Der Trainer ist – das wundert natürlich niemand – mit dem Saisonstart zufrieden. Wobei – auch dies ist kein Wunder – er noch viel Verbesserungspotential sieht.
Wichtig ist, dass die physische Basis jetzt stimmt und die Mannschaft weiter taktisch gut arbeitet und sich im und als Team gut versteht. Zur Vorbereitungsphase sagte er, dass man da auch mal 4-5 Spiele Geduld haben sollte. Chemnitz hat Dynamo im Juli geschlagen, aber jetzt wurde wegen anhaltender Mißerfolge der Trainer entlassen…
Der große personelle Umbruch zu Beginn seiner Tätigkeit hat ihn nicht irritiert, als langjähriger Trainer einer Bundesliga-U23 war er dies gewöhnt. Bei uns setzt er natürlich auf kontinuierliche Verbesserung des Kaders. Evtl. Spieler aus Freiburg mitzubringen war ein Thema, es hat sich aber aus den schon bei Thomas Brendel genannten Kriterien einfach nicht ergeben. Es gehören immer drei Parteien zu solch einer Verpflichtung. Außerdem schauen sich diese Spieler auch zuerst in Liga 1 und 2 um.
Hinsichtlich seines Trainerteams setzt er auf erfahrenes Personal und ist dankbar, dass ihm der Verein seine Wünsche erfüllt hat. Bedingungen hat er im Rahmen seiner Verpflichtung nicht gestellt.
Die technischen Möglichkeiten in Dresden klassifiziert er mit „top“. Das Trainingszentrum erfüllt alle seine Wünsche. Manches mögliche, nutzbare Hightech-Gerät, welches gern bei Bundesligisten steht, wird dann am Ende gar nicht genutzt. „Ein top Rasen, Hütchen – mehr braucht man erstmal nicht!“ Sein Trainingsprogramm gestaltet er nicht jede Woche komplett neu. Am Anfang der Woche ist es fix, da nicht immer alles längerfristig planbar ist. Aber dann erwartet er volles Engagement der Truppe und Konzentration darauf.
Zum Los Darmstadt im DFB-Pokal meinte er, dass diese Aufgabe genauso schwer sein wird wie Fortuna Düsseldorf. Es ist möglich weiterzukommen – mit einer Top-Leistung! Zum Stand der Dinge bei Tom Berger konnte er berichten, dass dieser langsam wieder herankommt. Sein Knie hält bis jetzt.
Auf Fragen zum Thema Auswechslungen antwortete er, dass er nicht aus Prinzip schneller auswechselt als andere Trainer, sondern nur nach Analyse der konkreten Situation. Auch weil wir mit hohem physischen Aufwand agieren. Ja und momentan gelingen die Wechsel einfach. Ein Mannschaftspsychologe muss so wie in Dresden nach seiner Auffassung immer präsent sein, wenn er der Mannschaft bzw. den Spielern wirklich helfen soll. Punktuelle Arbeit oder „Psychotricks“, wenn es kritisch wird lehnt er ab. Da pflichtete ihm Lars Bünning bei.
Über emotionalen Reaktionen der Fans freut er sich sehr. Als Beispiel die Rufe: „Berlin, Berlin wir fahren nach Berlin!“ nach dem Sieg gegen Fortuna Düsseldorf. Überhaupt genießt er die Atmosphäre in unserem Stadion. Während des Spiels steht er lieber an der Linie um beim Team (Ersatzspieler, Staff) zu sein. Die zwei Stühle in der Coachingzone braucht er nicht.
Dann kitzelte Ronny noch einige private Details aus ihm heraus. Er hatte vor seinem Wechsel auch einige andere Offerten vorliegen, aber keine konkreten Verträge. Und Dresden hat sich in jeder Hinsicht von Anfang an gut angefühlt. Privat schaltet er gern auch mal vom Fußball ganz ab. Wenn er sich aber umschaut, dann eher im deutschen als im Schweizer Fußball. In der Jugend war sein Lieblings- und Heimatverein der in schwarz-gelb spielende FC Schaffhausen, dann später der FC Winterthur. Er spielte und arbeitete in letzterem Verein.
Lars Bünning wurde als letzter von Ronny „durch die Mangel gedreht“. Auf die unvermeidliche Frage, welcher Dynamo-Trainer den er erlebt hat denn nun der besser sei, antwortete er diplomatisch. Thomas Stamm ist sehr sehr kommunikativ, bezieht immer ALLE Spieler ein. Er lebt den Teamgedanken. Lars kommt dies sehr entgegen in seiner Art. Auch den Zusammenhalt in der Mannschaft findet er top und dies hat sich in den letzten Wochen sehr verbessert. Die Integration der neuen und der ganz jungen Spieler betrachtet er als gelungen. Er sieht sich aber nicht als Vaterfigur für junge Spieler. Diese sind selbstständig, charakterlich „gute Jungs“ welche auch mal Respekt haben und nicht in Höhenflüge abdriften. „Man trägt sich auch mal gegenseitig die IKEA-Sofas in die Wohnung“! Er fühlt sich in Dresden rundum sehr wohl.
Der Mannschaftrat wurde ganz klassisch gewählt. Man trifft sich bei Bedarf. Lars ist jetzt zweiter Vertreter des Kapitäns und empfindet es als große Ehre die Binde zu tragen. Einmal durfte er dies ja schon tun. Zudem bezeichnete er sich selbst als komplett Fußball verrückt und hat auch noch viele Kontakte zu ehemaligen Mannschaftskollegen aus seinen früheren Stationen im Profifußball, welche er pflegt. Die neue Regel zu „Kapitän und Schirie“ ist für ihn kein Problem. Er ist allerdings eher ein Fan von kommunikativen Schiries.
Last but not least meldete sich Hr. Zimmermannzu Wort, um mit dem Mythos aufzuräumen, dass zum Ende der letzten Saison keiner mit den Spielern über ihre Vertragssituation geredet hätte und sie im Unklaren über ihre Situation waren. Die Spieler hielten sich eher alle Optionen offen, was für ihn durchaus verständlich ist. Allerdings konnte dies dann eben nicht die Ursache für den bekannten Leistungsabfall der 2. Halbserie sein. Lars Bünning pflichtete ihm insofern auch bei, dass dies für einen Profi kein Argument sein könne.
Damit klang der Abend nach zwei unterhaltsamen Stunden aus und man wurde nach ein bisschen small talk und einem letzten Kaltgetränk in die Hitze der Nacht entlassen…