…oder wie die digitale Mitgliederversammlung zum Flop wurde.
Am 12.06.2021 war es soweit: Die SGD ging einen weiteren Schritt ins digitale Zeitalter. Das Präsidium und die Geschäftsführung versuchten, dem Mitgliedervolk schon seit Wochen und Monaten nahezubringen, daß aufgrund der massiven Einschränkungen des Vereinslebens eine Mitgliederversammlung alternativ digital abzuhalten sei. Schon allein um negative Folgen für den Status des Vereins speziell bei den Finanzbehörden (Gemeinnützigkeit) zu vermeiden. So lautete das Hauptargument. Das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ bot die Möglichkeit einer solchen Form der Mitgliederbeteiligung an. Also packten Geschäftsführung und Präsidium die Thematik an und luden per E-Mail die Mitgliedschaft ein. Ausgewählt wurde ein Dienstleister, welcher die Erfahrungen mit derartigen Veranstaltungen zu besitzen schien und eine Woche vor der MV wurde ein erfolgreicher Testlauf mit ca. 80 Mitgliedern durchgeführt. Kritikpunkten wie der faktische Ausschluss nicht Internet-affiner Mitglieder wurde damit begegnet, dass es auch bei „analogen“ Versammlungen verschiedenste Hürden für eine nicht kleine Anzahl von Mitgliedern geben würde.
Strahlend wie immer und fast pünktlich eröffnete Präsident Holger Scholze am 12.06.2021 die erste digitale Mitgliederversammlung. Das Versammlungspräsidium und die Wahlkommission waren körperlich im Dynamo-Trainingszentrum anwesend. Denn es standen nicht zuletzt auch Wahlen zum Präsidium, zum Ehren- und Jugendrat an, ebenso die Ehrungen für Christoph Franke und Gert Heidler.
Die PCs, Laptops, Tablets und Smartphones der nur 400 interessierten Mitglieder waren bereit bzw. online. Bild und Ton waren hervorragend. Man gedachte sodann in TOP 1 in Stille der im Berichtszeitraum verstorbenen Vereinsmitglieder. Als TOP 2 stand dann die bei Dynamo immer wieder spannende Frage zur Abstimmung, ob die Medien an der Veranstaltung teilnehmen dürfen. Es gab dazu noch eine Nachfrage eines Mitglieds, ob man nicht „rechtspopulistische“ Medien, was auch immer das Mitglied darunter versteht, ausschließen könne. Was aber vom Präsidenten mit Blick auf die beim Verein übliche Akkreditierung abgelehnt wurde. Kurze Zeit danach hörte man noch fröhliche Frauen- und Kinderstimmen vom Account des ersten (und wie wir da noch nicht wussten – auch letzten – ) Fragestellers.
Dann wurde es spannend. Aber es passierte … nichts. Pause, Hektik im Trainingszentrum. Nach ca. 30 Minuten der zweite Versuch, aber der scheiterte auch im Ansatz. Wieder eine längere Pause. Im Hintergrund des eingeblendeten Dynamologos waren hektische Bewegungen zu erkennen. Dann eine kurze Zwischeninfo des Versammlungsleiters Hr. Scholze, die Experten arbeiteten fieberhaft an Soft- und Hardwareproblemen. Eine Lösung wäre in Sicht. Nach weiteren endlosen Minuten kam Hr. Scholze dann leider an der Feststellung nicht vorbei, dass der Dienstleister ihm keine Garantie für eine ordnungsgemäße, technisch saubere Durchführung der virtuellen Veranstaltung an diesem Tage abgegeben könne. Er beendete aus diesem Grunde die Veranstaltung.
Nun wartet ein ganzer Packen satzungsrechtlicher und formaljuristischer Probleme auf die Vereinsführung. Wurde die Mitgliederversammlung beendet, unter- oder abgebrochen? Auch die Frage, ob die Versammlung ohne Beschluß der Tagesordnung rechtswirksam eröffnet wurde, sollte dabei erörtert werden. An dieser Definition bemißt sich nicht nur die Wirksamkeit der Tätigkeit der noch amtierenden, aber auch zur Wahl anstehenden Gremien, sondern auch Fristen für die weiterhin notwendige Abhaltung dieser ordentlichen Mitgliederversammlung. Müssen Notgremien bestimmt werden? Ist eine Außerordentliche Mitgliederversammlung erforderlich? Wie geht man mit den erwarteten Informationen zur Bilanz und finanziellen Zukunft des Vereins um? Was passiert mit dem Jahresabschluss 2020 und den Entlastungen von Geschäftsführung und Aufsichtsrat?
Eines wurde jedenfalls klar. Nichts kann eine „richtige“ Mitgliederversammlung ersetzen. Mehr noch, es ist schade, daß angesichts des schon seit Wochen erwart- und absehbaren drastischen Rückgangs des Pandemiegeschehens diejenigen, welche zweigleisig (wie in Magdeburg eine Open-Air MV mit Hygienekonzept im Stadion) planen wollten, sich in den Gremien nicht durchsetzen konnten. Eine überraschende Erkenntnis gabe es bei der Digital-MV dennoch:
Nur gut 400 Mitglieder wollten digital über die Vereinsgeschicke mitentscheiden und ihre Mitgliederrechte wahrnehmen. Angesichts von regelmäßig präsenten 800 bis über 1.000 Mitgliedern bei den jährlichen Versammlungen ist diese Zahl eine Enttäuschung. Aber auch eine vernichtende Entkräftigung der Argumentation derer, welche immer wieder die Forderung nach mehr direkter Beteiligung auswärtiger Mitglieder via Livestream und digitaler Teilnahme oder der Wiedereinführung der Briefwahl aufmachen. Die digitale MV wäre die Chance gewesen zu zeigen, daß virtuelles Vereinsleben vielleicht zukunftsträchtig ist. Seit dem 12. Juni 2021 wissen wir, daß dies nicht der Fall ist. Der Aufsichtsrat hat am 17. Juni Mitglieder des letzten Präsidiums als Notpräsidium benannt, um satzungsgemäß bis Anfang September diese Versammlung als Präsenzveranstaltung durchführen zu lassen.