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Nach dem Abpfiff…

  • Beitrags-Kategorie:Meinungen
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… der ersten Nach-Corona Saison, welche wieder unter regulären Bedingungen durchgeführt werden durfte, blicken wir zurück auf eine irre Saison im Wechselbad der Gefühle. Zwischen grottigem und berauschendem Fußball, sinnloser Randale in Bayreuth und atemberaubenden Geburtstagsaktionen.

Doch der Reihe nach: Abgestiegen nach einer ernüchternden Zweitligasaison und einer demütigend verlorenen Relegation gegen Kaiserslautern, wurde der Kader einmal neu durchgemischt. Die besonders schmerzhaften Abgänge von Ransi Königsdörffer zum HSV und Knipser Christoph Daferner zum Club mußten kompensiert werden. Rückholaktionen sind ja nichts Neues und daß diese gelegentlich auch etwas bewirken können, unbestritten. Daß Dynamo damit in der Vergangenheit nicht sonderlich erfolgreich war, sollte sich aber auch herumgesprochen haben. Umso verwunderter rieb sich der gemeine Dynamofan die Augen, als mit Stefan Kutschke, Akaki Gogia, Niklas Hauptmann, Jonathan Meier und zur Rückrunde auch noch Kevin Broll gleich fünf Rückkehrer im Kader standen. Ein Kader mit 31 Mann in dieser Saison, davon vier Leihspieler. Und ein Trainer, welchen wir unter normalen Umständen kaum hätten verpflichten können, wären wir in Dresden nicht der offensichtlich einzige Verein gewesen, einem Mann vom Kaliber Markus Anfang die Möglichkeit zur „Rehabilitation“ nach seiner „Impfpass-Sperre“ im Zuge der irrsinnigen Coronaregularien zu bieten. Was in Bremen als Fälscherei und Gefährdung gebrandmarkt wurde, wurde in Sachsen als Notwehr respektiert…

Der Saisonstart ging mit einer Heimniederlage gegen die mitfavorisierten Münchner Löwen schonmal in die Hose und zum Ende der Hinrunde war die Saison mit einem Abstand von neun Punkten zum Relegationsplatz quasi schon abgehakt. Lichtblicke gab es nur bei den Derbysiegen gegen Halle und in Aue. Sobald Hoffnung aufkam, wurde diese durch unnötige Punktverluste gleich wieder erstickt.

Nun darf man rätseln, was in der Winterpause geschehen ist. Sieg in München, das 7:1 – einem der höchsten Siege der Nachwendegeschichte – gegen den HFC, Sieg in Verl, zwei Unentschieden, Derbysieg gegen Aue, Dreier in Dortmund, gegen Duisburg, in Ingolstadt – diese Serie wurde mit dem direkten Aufstiegsplatz belohnt und als Gejagte patzten wir dann zuhause ausgerechnet gegen Bayreuth. Siege gegen Osnabrück und Essen bewahrten den Relegationsplatz bis die erneute Ernüchterung in Saarbrücken zuschlug. Drei Spieltage vor Schluß gelang durch den Sieg gegen den direkten Konkurrenten Wehen/Wiesbaden wieder der Sprung auf den Aufstiegsplatz, welcher in Zwickau gefestigt wurde und plötzlich waren wir wieder die Gejagten … und vergeigten ein erfolgreiches Saisonfinale kläglich in den letzten 25 Minuten beim schon feststehenden Absteiger Meppen. Ein Unentschieden dort hätte uns für den letzten Spieltag alle Möglichkeiten offengehalten. Niemand kann sich diese Katastrophe erklären, welche sich für die Älteren wie Uerdingen ´86 anfühlte. Die Liga-Titel Zuschauerkrösus und Torschützenkönig Ahmet Arslan sind dann leider nur noch Trostpreise.

Dies ist der Gradmesser der Bewertung der Arbeit unserer sportlich Verantwortlichen, im Speziellen nach mittlerweile drei Jahren in Verantwortung von Ralf Becker. Zum 1. Juli im chaotischen Coronajahr 2020 als Erbe von Ralf Minge geholt, gelang nach dem Abstieg aus der 2. Liga im Mai 2021 der sofortige Wiederaufstieg, sein Vertrag wurde daher nach anfänglich gutem Start im Herbst 2021 bis 2025 verlängert. Was danach geschah, ist bekannt. In drei Jahren fast 60 Spieler, vier Trainer. Beständigkeit wurde propagiert – hohe Fluktuation trotz großem Etat geliefert. Dem glorreichen Aufstieg 2021 stehen ein kläglicher Abstieg und ein schmerzlicher Nichtaufstieg gegenüber und Fußball zwischen „Haare raufen“ aber auch „Zunge schnalzen“. Hinzu kommt ein zur letzten Mitgliederversammlung offenbartes seltsam anmutendes Verständnis von Vereinsdemokratie (vereinspolitische Alleingänge ohne Mandat) aber auch die Fähigkeit zur Selbstkritik und eine Lernkurve. So fair sollte man dann auch sein, wenn man die Frage nach der Zukunft stellt, muß man auch die Alternative im Auge haben. Auf die Mannschaft der neuen Saison, welche mit den sicher nicht zu haltenden Conteh und Arslan zweier Leistungsträger dieser Saison beraubt wird, lastet jetzt schon ein immenser Druck, denn nichts weniger als der Aufstieg wird erwartet, noch bevor der Kader final zusammengestellt ist. Die Hoffnung ruht also vor allem auf Markus Anfang, Florian Junge und Scholle, aus den Neuzugängen zusammen mit den verbliebenen Spielern, schnellstmöglich eine erfolgreiche Mannschaft zu formen. Ein Fehlstart in der Liga oder Mittelmaß verzeiht der gemeine Dynamofan nicht. Spätestens im Herbst stünden wir dann vor einem Scherbenhaufen. Wenn es einen Fußballgott gibt, dann beten wir zu ihm, daß dies nicht passiert.