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Dynamo Mitgliederversammlung 2025

  • Beitrags-Kategorie:Meinungen / Vereinsleben
  • Lesedauer:9 Minuten zum Lesen

Einige Leute wollten angesichts der Personalentscheidungen und des sportlich schlechten Abschneidens der Ersten Mannschaft im Vorfeld bereits einen Tag der Abrechnung sehen, es kam dennoch anders.

Unser Präsident Ronny Rehn eröffnete die Jahreshauptversammlung und erneuerte mit einem Vorwort an Presse und Mitglieder, daß in diesem Jahr kein Presseausschluß erfolgen soll. Natürlich nicht ohne kurz zu umreißen, warum es Jahr für Jahr zu diesen Ausschlüssen kam und was er von der Presse erwartet: Fairneß und Sachlichkeit. Dies untermauerte er mit Zitaten aus Presseartikeln im Vorfeld dieser Versammlung, wo sich bereits wieder Halbwahrheiten, Weglassungen, falsch wiedergegebene Zahlen und Mutmaßungen aneinanderreihten. Der Appell an die Journalisten war deutlich, daß diese sich bitte mehr über Dynamos Regularien und Mechanismen informieren mögen, um falsche Darstellungen künftig zu vermeiden.

Ein Vereinsmitglied möchte jedoch vorher noch abstimmen lassen, ob zur Mitgliederversammlung (künftig) auch wieder Bier ausgeschenkt werden solle. Das vor Jahren noch Undenkbare geschah: Der Antrag wurde deutlich abgelehnt.

Nach Bestätigung der Tagesordnung, besten Wünschen an die Geburtstagskinder des Tages und dem Gedenken an die in den letzten Monaten verstorbenen Vereinsmitglieder, darunter leider auch Frank Richter, eine feste Größe der goldenen 70er Mannschaft, ging es zu den Ehrungen. Zwischenzeitlich marschierte noch die Männermannschaft unter artigem Applaus der Anwesenden in den Saal.
Fünfundzwanzigjährige Mitgliedschaften sowie die Arbeit der Satzungskommission wurden gewürdigt. Und es stand der Antrag auf Ernennung von Ralf Minge zum Ehrenspielführer auf der Tagesordnung. Es folgte eine kleine Sternstunde im Vereinsleben. Nach einem emotionalen Videoclip und der Laudatio von Vizepräsident Peter Krüger kam Ralf unter tosendem Applaus auf die Bühne. In einer bewegenden, ehrlichen, bodenständigen Rede skizzierte er sein Empfinden von dem Moment an, als er sich 1981 als junges Talent von Stahl Gröditz plötzlich zwischen den legendären Dynamospielern wiederfand und gleich kurz nach seiner Einwechslung das Leder im Kasten von Wismut Aue zum 2:0 Endstand versenkte. Mit Anekdoten und Emotionen ließ er die Anwesenden an seinem Weg bei Dynamo nochmal teilhaben. Sehr schön zeigte er auch die Situation in der Spielzeit 2014/2015 auf, als sich Dynamo nach dem Abstieg aus der 2. Liga in einer durchwachsenen Saison nur im Mittelfeld der Liga tummelte. Die Presse titelte damals: „Minge und seine Gurkentruppe.“ Mit zwei-drei Verstärkungen spielte diese „Gurkentruppe“ dann in der Folgesaison die Liga an die Wand, stieg souverän auf und erreichte in der darauffolgenden Zweitligasaison einen überragenden 5. Platz. Die Botschaft, an die noch in der ersten Reihe im Saal sitzende erste Mannschaft sollte angekommen sein: Laßt Euch nicht niederschreiben, glaubt an euch und kämpft!

Stehende Ovationen für Raf Minge

Die Abstimmung zur Ernennung erfolgte dann absolut einstimmig und unter stehenden Ovationen bekam Ralf seine Ehrenurkunde überreicht. Ein Gänsehautmoment für einen Ausnahme-Dynamo. Die legendäre Nummer 10 ist zehnter. Ehrenspielführer unseres Vereins und sein Konterfei wird künftig im Stadion neben dem VIP-Bereich weithin sichtbar sein.

Es folgten die Berichte der Gremien, sowie der Bericht der Wirtschaftsprüfer, trockener Stoff, pointiert vorgetragen von Jana Hesse vom beauftragten Wirtschaftsprüfungsbüro. Die einzelnen Zahlen ersparen wir uns. Trotz Zuwächsen auf der Einnahmenseite sind aufgrund der aktuellen Situation bezüglich der Stadionbetreibung (es fehlt jährlich eine Mio. Zuschuß der Stadt Dresden) und der getätigten Investitionen beim Fanshop-Rückkauf, dem VIP-Umbau und dem Kauf des Trainingszentrums, Verluste im sechsstelligen Bereich zu verzeichnen. Die im Moment jedoch, aufgrund unserer noch hervorragenden Liquidität, nicht ganz so extrem zu Buche schlagen.

Der Bericht der Geschäftsführung wurde von Stephan Zimmermann vorgetragen. Die Zahlen und Fahrpläne in Sachen Infrastruktur des Vereins wurden transparent und souverän kommentiert. Die erwartete Schelte bezüglich der sportlichen Situation blieb mangels verantwortlichem Sportdirektor aus. Für einige doch etwas überraschend, kamen statt dessen sehr ehrlich wirkende Eingeständnisse von Fehlern und Selbstkritik. Im Kontext mit der vorzeitigen Verlängerung seiner Geschäftsführerberufung ergibt diese dann auch Sinn: Auf diesen Mann will und kann Dynamo in Zukunft auch bauen.

Der Bericht des Aufsichtsrates wurde von Jens Heinig in bekannter Manier vorgetragen. Er stand für die personellen Fehlentscheidungen ein, welche, wie so oft in einem Auswahlverfahren durch gute Präsentationen der Bewerber passieren können. Für den Theaterdonner, welcher im Vorfeld besonders in den sozialen Medien produziert wurde, fiel die Kritik und der Unmut im Saal recht glimpflich aus.

Dann folgte etwas, was ganz sicher nicht zu den Sternstunden des aktuellen Präsidiums und zu einem Tiefpunkt im Stile der Otto- oder Maas-Ära zählen dürfte. Der, wie immer als Gremienentlastung gestellte Antrag für die Entlastung des Aufsichtsrates, wurde kurz vor der Versammlung vom Präsidium in geänderter Form gestellt. Und zwar sollte die Abstimmung für die Gremienentlastung geteilt stattfinden. Für acht Aufssichtsräte im Block, Thomas Blümel separat. Als Grund wurde ein laufendes und kurz vorher eingeleitetes Ehrenratsverfahren angegeben. Im Laufe der heißen Diskussionen über diesen de facto Eingriff in die Tagesordnung konnte man vage heraushören, daß es sich angeblich um Weitergabe vertraulicher Unterlagen handeln solle. Thomas Blümel bestritt vehement diese Vorwürfe, welche aber letztendlich im eingeleiteten Verfahren vor dem Ehrenrat zu belegen wären. Offenbar hat sich das Präsidium auf massiven Druck aus dem Aufsichtsrat und von Dritten zu diesem ungewöhnlichen Verfahren leiten lassen, geriet damit aber ins Kreuzfeuer der Satzungswächter und dynamischen Weggefährten von Thomas Blümel. Es mutete wie eine Intrige an, um seine Wieder-Kandidatur zu verhindern. Vielleicht werden wir eines Tages erfahren, ob die Vorwürfe gerechtfertigt waren oder ob hier, aus welchen Motivationen heraus, intrigiert wurde. Auf alle Fälle spielte das Präsidium, insbesondere Vize Dr. Michael Bürger in seiner juristischen Interpretation, vorsichtig gesagt, keine glorreiche Rolle. Unschuldsvermutung, Verfahren, Umgang mit Anträgen – das Präsidium gab hier keine gute Figur ab. Letztendlich die klare und berechtigte Ansage von Ex Präsident Wolf-Rüdiger Ziegenbalg, die Versammlung und deren Ergebnis juristisch zu kippen oder den Fortgang der Versammlung unter diesen Voraussetzungen zu verhindern, ließ das Präsidium nach einer Stunde und etlichen Beratungen und Rückfragen zum ursprünglichen Entlastungsantrag zurückkehren. Diese Entlastung wurde mit 81% der Stimmberechtigten im Saal erteilt. Richtige Entscheidung nach diesem schweren Rückfall in Zeiten eines Rolf-Jürgen Otto. So etwas brauch unser Verein nicht noch einmal.

Die Entlastung wurde auch für die vergangene Saison für alle drei Geschäftsführer erteilt, die bisher nicht erteilten Entlastungen für Ex Geschäftsführer Jürgen Wehlend für die Jahre 2021 bis zu seinem Ausscheiden 2024 wurde verwehrt. Das Präsidium wurde darauf hingewiesen, Jürgen Wehlend explizit mit einer Aufforderung zur Stellungnahme in der kommenden Mitgliederversammlung anzuschreiben und einzugeladen.

Nach der Verabschiedung des alten Aufsichtsrates erfolgte die Wahlhandlung für den neuen Aufsichtsrat nach vorheriger, in gewohnt souverän vorgetragener, Erklärung der Prozeduren durch Wahlleiter Jürgen Wulff.

Es folgte dann der Abstimmungsmarathon über 23 eingereichte Satzungsänderungsanträge sowie fünf weitere Anträge der Mitglieder. Am Brisantesten war der Antrag zur Abschaffung des Jugendrates. Ex Übungsleiter der Dritten und Ex Aufsichtsrat Jens Hieckmann sowie Kay Schirmer begründeten ihren Antrag mit dem Übergang der Erfüllung der eigentlichen Zwecke des Jugendrates durch die Arbeit des Nachwuchsleistungszentrums. Immerhin sind seit dem Verfassen der Ursprungssatzung, in welchem das Gremium Jugendrat festgeschrieben wurde, 25 Jahre vergangen. Zu diesem Zeitpunkt konnte sich niemand vorstellen, daß wir als Verein jemals solch eine Institution haben werden. Das Wirken des Jugendrates selbst in den vergangenen Jahren lies weiterhin, laut Antragstellern, ebenfalls Zweifel am Sinn des Gremiums aufkommen. Diese Gründe konnten knapp 50% der Anwesenden bei der Abstimmung nachvollziehen, 67% hätte es jedoch für diese Satzungsänderung benötigt. Damit entfielen auch einige Folgeanträge, welche das Volumen der noch ausstehenden Anträge erheblich reduzierte. Alle anderen Satzungsänderungsanträge waren eher kosmetischer und redaktioneller Natur zur Schärfung von Formulierungen und wurden mehrheitlich angenommen.

Weitere Anträge gab es zur Aufforderung und Legitimation des Handelns bezüglich Abschaffung der Strafen für Pyro beim DFB und der Liga. Dort kommunizieren bereits Ultras/K-Block eng mit der Geschäftsführung, welche nun durch große Zustimmung zum Antrag mit der Rückenstärkung der Vereinsmitglieder auftreten können.

Der Antrag auf Erhöhung der Mitgliedsbeiträge von (normal/ermäßigt) 72/36 auf 96/48 wurde nach relativ kurzer Diskussion abgelehnt. Mehr als eine halbe Million Euro Mehreinnahmen im Jahr hätten angesichts der angespannten Lage und der allseitigen Teuerungen bis hin zur notwendigen Kompensation der reduzierten Stadionzuschüsse der Geschäftsführung etwas Entlastung gebracht. Nach 17 Jahren Beitragsstabilität und im Vergleich zu den Ligakonkurrenten wäre dies sicherlich eine angemessene Maßnahme gewesen, aber das in der Diskussion eingebrachte Gegenargument, daß sich in den 17 Jahren die Mitgliederzahl mehr als versechsfacht hat und damit im Vergleich zu 2008 bereits 600% Mehreinnahmen generiert wurden, reichte der Mehrheit offenbar als Grund für die Ablehnung.

Der letzte Antrag befaßte sich mit der Beauftragung zur Organisation eines Freundschaftsspieles im Jahr 2027 gegen die Glasgow Rangers angesichts des 60jährigen Jubiläums unseres ersten Europapokal (damals noch Messe Cup) Auftritts und wurde trotz Ungewißheit über die entstehenden Kosten mehrheitlich angenommen.

Es folgte die Verkündung der Wahlergebnisse für den Aufsichtsrat. Obwohl von vielen Mitgliedern im Prinzip erwartet, gab es doch im Detail vier Überraschungen. Dr. Ines Kilian erhielt die mit Abstand meisten Stimmen (548) und überzeugte 68 % der Wähler. Ebenso unerwartet viele Wähler (499) wollten den 2020 gefeuerten Ex-Geschäftsführer Michael Born im Gremium sehen. Offensichtlich spielten seine durchaus vorhandenen Kompetenzen im Sportmanagement eine größere Rolle als Befindlichkeiten der Vergangenheit. Überraschung Nummer drei ist dann auch die recht souveräne Wiederwahl von Thomas Blümel (428 Stimmen). Angesichts der unrühmlichen Attacke am Anfang der Versammlung gegen ihn, war die Wiederwahlquote von 53,5 % beachtlich. Und die letzte Überraschung sind die lediglich 312 Stimmen für den langjährigen Aufsichtsratsvorsitzenden Jens Heinig, welchem mit einer einzigen Stimme Vorsprung vor der ersten Nachrückerin Romy Schneider gerade noch so der Wiedereinzug in den Aufsichtsrat gelang. Wiedergewählt bzw. gewählt wurden ebenfalls Michael Ziegenbalg (445 Stimmen), Michael Grafe (422) sowie Silke Donat (349). Komplettiert wird der Aufsichtsrat durch den vom Ehrenrat wieder entsendeten Mirco Lorenz und den (mittlerweile offiziell bestätigt) vom Jugendrat entsendeten Jan Seifert, mit dem jetzt hoffentlich die dringend benötigte sportlich kompetente Komponente im Gremium ihren Platz findet.

Nach den verdienten Dankeschöns an die Wahlleitung und deren emsige Helfer, Organisatoren, Gastronomen etc. fand eine denkwürdige Versammlung nach neun Stunden ihren Abschluß. Wie deren Ergebnisse zu bewerten sind, wird wie immer die Zukunft zeigen. Eines ist aber sicher: Nach der Mitgliederversammlung ist vor der Mitgliederversammlung. Bis zum nächsten Mal.