Vorbetrachtung zur Mitgliederversammlung 2023

Und wieder ist ein Jahr vergangen und einer liebgewordenen gesetzlich vorgeschriebenen Tradition folgend, trifft sich die 25.000 Köpfe zählende Dynamo Familie im kleinen Kreis im Kongreßzentrum zu Dresden. Den Herren (und vielleicht sind auch ein paar Damen darunter) der schreibenden Zunft wird möglichweise nach altem Brauch zu Beginn der Zusammenkunft der Eintritt verwehrt. Trotz mehrheitlich recht solider Berichterstattung über das vergangene Jahr, zieht das eine oder andere schwarze Schaf nach wie vor den gesamten Berufsstand herunter, sodaß im Sinne der Hoffnung auf Selbstreinigung der gesamten Gilde wieder eine kollektive Haftung auferlegt wird. Also so ähnlich wie es die DFB Gerichtsbarkeit bei uns mit Zuschauerausschlüssen für Verfehlungen Weniger schon oft praktiziert hat. Privilegiert sind dann diejenigen, welche neben dem Presseausweis noch eine Dynamo Mitgliedskarte haben.

Die verdiente Huldigung der aktuellen Mannschaft samt sportlich Verantwortlichen wird wohl in diesem Jahr nicht im würdigen Umfang stattfinden, da zur Mittagszeit des darauffolgenden Tages der Nachholer im weit entfernten Ostfrankreich angepfiffen wird, weil der Ersttermin einer Mischung aus ungenügender Wettervorhersagequalität, schludriger Bauausführung bei der Rasenentwässerung des dortigen Sportplatzes und über Jahre advokatisch ausgefochtener Schuldzuweisung dieses Mißstandes zum Opfer fiel.

Was gibt es also an Attraktivem zur MV 2023, das ein Erscheinen außerhalb der Mitgliederpflichtaufgaben rechtfertigt?

Da sind zunächst die Wahlen zu den drei Gremien, welche sich um Satzung und Konfetti, Law and Order sowie Spiel, Spaß und Spannung für die Jugend kümmern. Kurzum: Die Mitglieder von Präsdium, Ehrenrat und Jugendrat erhalten ihre Amtsbestätigung oder werden möglichweise ersetzt. Die Kandidatenlisten sind leider auch hier wieder recht übersichtlich, sodaß wenige personelle Alternativen zur Verfügung stehen. Aber mal ehrlich, Dynamo im Herzen zu tragen ist so viel leichter, als Dynamo in Verantwortung mit teils hohem zeitlichen und vor allem unentgeltlichem Aufwand zu vertreten. Der Volksmund nannte das mal Ehrenamt und dies wurde einstmals sehr hoch gehalten. Lang, lang ist es her, um so dankbarer sollten wir sein, daß es dennoch Personen gibt, welche sich dies antun möchten. Knackpunkt bei den Wahlen wird sicher die aufkommende Kritik am Präsidenten sein, wegen der etwas gutsherrlich anmutenden Auftritte und Ansichten sowie seiner Praxis in vereinsinternen Verfahren. Aber das wird wie immer leidenschaftlich und demokratisch abgehandelt werden, wie es sich im Familienkreise gehört.

Spannender wird jedoch das Thema Frauen bei Dynamo. Nein, nicht am Ticketschalter (gibt es solche Schalter überhaupt noch?) oder im K-Block oder im Aufsichtsrat. Frauen im Dynamo-Dress auf unserem heiligen Rasen. 70 Jahre kam Dynamo ohne Frauenfußball aus und wurde trotzdem zu dem, was es heute eben ist. Eine Sportgemeinschaft als reiner Männer- und Jugendfußballverein mit Hochleistungsanspruch. Zweigeschlechtlich auf den Rängen vereint in Tränen der Freude, des Leides und gelegentlich auch in Folge eines Reizgaseinsatzes.

Von Liverpool bis Spree-Athen,
von Glasgow bis Schwerin,
von Leningrad zum Aue-Schnee,
hier regiert die EssGeeDee.

Solche oder ähnliche Schlachtenbummler-Poesie zu einschlägigen Gassenhauern sind dann spontan als bleibende künstlerische Werke unseres Männersportvereines entstanden. Das weckt natürlich Begehrlichkeiten, welche ganz im Sinne der Gleichberechtigung auch für Frauen reglementiert werden. Im zweijährigen Hype von Frauen EM und WM, im Trend feministischer Politik und im Sinne der Gleichbehandlung der Geschlechter haben die obersten deutschen Fußballbosse* beschlossen, Frauenfußball als Lizenzauflage im Profifußball festzuschreiben.
*Gendern müssen wir hier übrigens nicht, da der Vorstand des DFB gänzlich ohne Frauen auskommt.

Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten. Man stellt im Verein Frauenmannschaften auf und läßt diese spielen. Gibt es schon immer oder zumindest länger bei einigen Vereinen. Für diese ändert sich nichts. Oder „mann“ fusioniert quasi mit der Frauenabteilung eines bestehenden Vereines. Dann ist man quasi verheiratet.
Oder man greift kavaliersmäßig, und mit allem Charme des eigenen Vereines den sportlichen Frauen, bereits organisiert in der Region, höflich und infrastrukturell unter den Arm und versucht zusammen mit den Damen, deren Freizeitsport attraktiver und annehmlicher zu gestalten. Aber deren Selbständigkeit bleibt unangetastet. Sozusagen eine wilde Ehe oder Freundschaft Plus, wie immer man die Metapher auch betiteln will.
Und letztendlich gibt es noch die ganz harten, sozusagen die Machos und Mönche unter den Fans des Männersports. Man verweigert sich. Da es sich nur um ein B-Kriterium der Lizenz handelt, ist es ablaßhandelsfähig wie der Obolus an den Papst gegen das Verbrennen im Fegefeuer, das Schutzgeld an den Paten des Viertels oder die Kohlendioxidabgabe, um sich von seinen Sünden freizukaufen. So wollen dies z.B. die „Eisernen“ in Berlin praktizieren.

Bei Dresdens Dynamos birgt dies natürlich Konfliktpotential, zwischen Traditionalisten und vom Zeit(un)Geist Getriebenen, welche gleich die Heirat der Rähnitz Mädels mit uns anstreben. Mit Ehevertrag selbstverständlich. Das hatte sich zur letzten MV bereits angedeutet und soll nun in den ersten Akt der partnerschaftlichen Anbahnung. Eine Liebesheirat würde dies ohnehin nicht werden. Die Frage stellt sich lediglich, WIE die Fetzen fliegen werden. Immerhin sind wir eine schrecklich nette Familie, welche bereits vor zehn Jahren ein halbherziges kooperatives Techtel-Mechtel mit den Fortuninnen versucht hatte.
Für eine mögliche Inobhutnahme der Fortuna Spielerinnen im Verein müßte einmal an der Satzung herumgeschraubt werden. Vielleicht scheitert das Hochzeitsprojekt ja bereits an dieser Hürde.

Was steht sonst noch auf der Tagesordnung? Eine zu erwartende Debatte, ob Vereinsmitglieder innerhalb des Vereins bei Streitigkeiten mittels vom Verein bezahlten Advokaten aufeinander losgehen dürfen oder ob man dies lieber in altbewährter Manier von Angesicht zu Angesicht im 1:1 vor dem Ehrenrat, ersatzweise dem Kulti oder VIP Casino austrägt. Und ob einem begnadetem Musiker und Veranstaltungsmanager, zweifellos einer renommierten Dresdner Persönlichkeit, wegen eines fast 35 Jahre alten musikalischen Auftragswerkes, welches heute immer noch akustisch und stimmungstechnisch im Stadion präsent ist, deswegen gleich die Ehrenmitgliedschaft angetragen werden muß? Allerdings dem Texter dieses 1989 entstandenen Stückes „Wir sind der 12. Mann“ nicht. Und auch nicht den Bands Winni II und Dolly D., welche Dynamo mit ihren Werken über Jahre hinweg bereicherten.

Diese Ehrenmitgliedschaft wurde im letzten Jahr an den fast 20 Jahre ehrenamtlich als Ehrenrat tätigen Wolfgang Lessing und an den unvergleichlichen doppelten Aufstiegstrainer Christoph Franke verliehen. Viele sind der Meinung, daß dies die Dimension und Intention für die Verleihung dieser Würde sein sollte. Die Beitrags- und Ehrenordnung sagt zwar nicht im Detail, aber im Kontext im Sinne von Verdiensten auch genau dies aus.

Der Tisch ist also doch wieder gedeckt um das jährliche Familienfest mit der entsprechenden Würze aus Rhetorik und Leidenschaft, Huldigung und Kreuzverhör, Absingen der Gemeinsamkeiten und interessanter Zwiegespräche zu versehen.

Herbstliches Blätterrascheln

Das erste Viertel der Saison ist gespielt und Dynamo ist zu Beginn des letzten Quartals des Jahres immer noch Tabellenführer. Nach den schmerzhaften Abgängen der Saison war das so nicht unbedingt zu erwarten. Auch wenn es weiterhin Momente zum Haare raufen gibt. Gerade bei der Chancenverwertung sieht man, wie ein Ahmed Arslan schmerzlich fehlt. Sportlich scheinen wir dennoch auf der richtigen Spur zu fahren. Offenbar auch, weil Trainer Markus Anfang bei den Kabinenansprachen kein Blatt vor den Mund nimmt.

Stephan Zimmermann hat am 1.10. seinen Dienst als kaufmännischer Geschäftsführer angetreten. Wir hatten auf dieser Position schon Herren, welche ein sehr schweres Erbe angetreten haben. Egal, was man von seinen beiden Vorgängern persönlich gehalten hat, der neue erste Kaufmann des Vereins erbt auf der Enderstraße recht solide Finanzen, allerdings in einer sehr schwierigen Zeit. Seine Aufgabe sollte darin bestehen, die Finanzsituation weiter zu stabilisieren, wie z.B. mit der Forcierung des Fanshop-Rückkaufs Einnahmepotentiale zu erhöhen und Strukturen in der Geschäftsstelle effizient zu nutzen sowie diese zu optimieren. Auch die nicht immer einfache Arbeit mit der Stadtverwaltung sollte geradliniger angegangen werden, so daß bei den Haushaltsplanungen kein Blatt Papier zwischen Dynamo und die Stadt passt. Dann bleiben uns öffentliche Diskussionen wie das polemische Ausspielen des vertraglich zugesicherten Stadionzuschusses gegen den Dresdner Breitensport oder Hilfen für populäre (Sport)veranstaltungen künftig vielleicht erspart. Beim letzten Clinch hatten dies aber die Untergebenen des Oberbürgermeisters versemmelt, sodaß der kommunalpolitische Schlagabtausch schamlos auf dem Rücken von Dynamo und den Dresdner Sportlern ausgetragen werden konnte. Die Lokalpresse hat wieder kräftig zur Imageschädigung und Entfachung einer Neiddebatte beigetragen (Dresden pumpt für Events gespartes Geld zu Dynamo)

Und wo wir gerade bei Wurstblättern sind: Der SZ Sportredakteur, zumindest nennt er sich so, Daniel Klein, versuchte kürzlich Dynamo einen Skandal anzudichten, weil eines der bekanntesten und engagiertesten Dynamomitglieder zum Traditionsbeauftragten des Vereins berufen wurde. Niemand Geringeres als Jens Genschmar, Gründer und Inhaber des Dynamo Museums, Besitzer und Betreiber des Lugturm-Areals, Ex-Aufsichtsrat, Mitbegründer des Fanprojektes, Initiator der Brustsponsoraktion 2003 und langjähriger engagierter Stadtrat in Dresden ist das Angriffsziel des geltungsbedürftigen Lokal“journalisten“ Klein. Nur weil Genschmar selten ein Blatt vor den Mund nimmt, wenn es darum geht, Mißstände anzuprangern und konkrete Lösungsvorschläge zu unterbreiten, dabei auch keine Berührungsängste mit den unterschiedlichsten politischen Lagern hat, wurde er zur Zielscheibe einiger Leute, welche politische Anbiederung, an wen auch immer, mit richtigem Journalismus verwechseln. Dabei wirft er sinnbildlich mit Dreckbatzen, in der Hoffnung, irgend etwas möge an Dynamo haften bleiben. Glücklicherweise sind seine Berufskollegen nicht auf diesen KLEINgeistigen Zug aufgesprungen. Eine Verlinkung zu dem, hinter der Bezahlschranke der Sächsischen Zeitung hoffentlich verschmorendem, Machwerk ersparen wir unseren Lesern…

Was uns letztendlich zum noch unbeschriebenen Blatt bei Dynamo, dem neuen Geschäftsführer, verantwortlich für Öffentlichkeitsarbeit, bringt. David Fischer ist nun seit 70 Tagen im Amt. Natürlich ist in dieser kurzen Zeit noch nicht viel von seiner Arbeit sichtbar, geschweige denn eine eigene Handschrift erkennbar. Aber wir möchten unsere Enttäuschung darüber nicht verhehlen, daß der oben angeprangerte Artikel von Daniel Klein beim Verantwortlichen für Öffentlichkeitsarbeit keine zeitnahe Reaktion ausgelöst hat. Mindestens insofern, daß man sich vor den Angegriffenen und vor allem vor den Verein stellt und dem schmutzigen Schreiberling mit Argumenten und dynamischer Leidenschaft niederringt. So wird es in der Mitgliederversammlung wieder darauf hinauslaufen, zu entscheiden, ob die Lokalpresse endlich reif genug ist, Dynamo als – durchaus kritikwürdigen – aber immernoch Partner zu betrachten. Der DDV Verlag ist seit Jahren Medienpartner der SGD und das Minimum, welches man erwarten darf, ist Seriosität. Mit Schmierfinken wie Daniel Klein gelingt so etwas ganz sicher nicht.

Auf ein Neues…

Die neue Drittliga-Saison ist eröffnet und unsere Mannschaft ist ganz erfolgreich aus dem Startloch gekommen. Vier Spiele, neun Punkte und Schwarz-Gelb-Dynamo grüßt von der Tabellenspitze. Gut so, denn nichts weniger als der Aufstieg wird erwartet und ist als offizielles Saisonziel ausgerufen worden.

Mit dem Abgang von Torschützenkönig Ahmed Arslan, sowie Leistungsträgern wie Knipping und Conteh erfolgte ein gehöriger Schlag ins Kontor, den es zu kompensieren galt. In der Momentaufnahme scheint es so, als hätten Markus Anfang und Ralf Becker ganz unspektakulär sinnvolle Verstärkungen gefunden. Immerhin sitzt Markus Anfang trotz des in letzter Minute versemmelten Aufstiegs nach einem Jahr immernoch auf der Trainerbank, was rückblickend auf die letzten Jahre bei uns schon eine Aura der Kontinuität versprüht. Beide agieren sinnbildlich auf Bewährung durch das vom Aufsichtsrat gewährte Vertrauen und haben somit ihr Schicksal miteinander verflochten. Gut so und die Fangemeinde drückt ganz fest die Daumen, daß wir spätestens am 18. Mai des kommenden Jahres im gemeinsamen Freudentaumel, anders als im Jahr 2021, diesmal IM Stadion und GEMEINSAM den Aufstieg feiern können.

Neues gibt es auch an der Geschäftsführerfront. Seit 1. August bereichert uns David Fischer auf der neu geschaffenen Geschäftsführerstelle Kommunikation und ab 1. Oktober komplettiert und verstärkt dann Stephan Zimmermann als Nachfolger für den zuletzt lustlos agierenden Jürgen Wehlend den Vereinsvorstand. Ein Pirnaer und ein Dresdner, im Westen bei den (ehemaligen) Ligakonkurrenten Saarbrücken und Wehen-Wiesbaden recht erfolgreich nun auf Heimatkurs. Gut so, denn Erfahrung und Identifikation mit dem Heimatverein sind unschätzbare Eigenschaften für Erfolg und ein herzliches Miteinander. Dafür gibt es ein herzliches „Willkommen zuhause“. Beide seien jedoch ganz herzlich und kameradschaftlich daran erinnert, daß in Sachsen die Prioritäten und Lebensarten andere sind als im Saarland oder Hessen. Und daß unser Dynamo mehr Berufung als Beruf ist. Insofern kann man durchaus hoffen, daß wir alle Fischermanns Friend sind. Jedoch die offenen Arme und gedrückten Daumen erwarten keine Enttäuschungen.

Apropos… der Start des neuen Ticketsystems, welches seit dieser Saison Etix ersetzt, ging mächtig in die Hose. Auch wenn großmütigerweise David Fischer die Verantwortung dafür zu übernehmen versuchte – nein es war nicht Deine Verantwortung. Hier haben andere einiges nicht zu Ende gedacht. Was automatisch die Frage aufwirft, ob es irgendeinen Angestellten im Verein gibt, dem neuen Dienstleister und den Programmierern, dafür relevante Mitgliederbeschlüsse (Ticketanzahl) und gängige und bewährte Mechanismen (Sammelbestellungen der Mitglieder) praxisnah zu vermitteln, daß diese dort mit hätten einfließen können. Gar nicht gut, wie das gelaufen ist, hier wird noch ein Nacharbeiten erwartet.

Ein kurzer Blick auf den Herbst und die MV am 18. November: Präsidium, Ehrenrat und Jugendrat werden neu gewählt, glaubt man den ersten Gerüchten, könnten wir nach fünf Jahren mal wieder einen neuen Präsidenten bekommen. In einer möglichen Mischung aus Amtsmüdigkeit, nachlassendem Rückhalt und privater Neuorientierung scheint es, als ob Holger Scholze nicht nochmal antreten würde. Das Kandidatenfeld werden wir nach dem 11. September kennen, wenn die Bewerbungsfrist für die Gremienkandidaturen abgelaufen ist. Da im Bereich der Satzung seit Monaten eine Arbeitsgruppe sich mit einer grundlegenden Neuordnung beschäftigt, sollte es zu dieser Jahreshauptversammlung keine der üblichen Antragsorgien zu Änderungen der Satzung geben. Gut so, denn so kann sich die MV dann auf die Schwerpunkte Fanshop-Rückkauf und eine grundsätzliche Debatte zur umstrittenen Verlobung mit den Fortuna Frauen konzentrieren. Dank der vom Zeit(un)geist getrieben DFL Entscheidung, Profifußball zwangsweise mit Frauenfußball zu verknüpfen, wird dann über Hochzeit oder lockere Beziehung debattiert. Eines steht jedoch jetzt schon fest: Das wird keine Hochzeit aus Liebe.

Und zuletzt in eigener Sache: Unsere Interessengemeinschaft Dynamo ist seit dieser Saison mit einer, wie wir finden, wunderschönen handgemalten Oldschool-Zaunfahne am Start. Dafür danke an unsere Künstler und UD für Tips und Konsequenz bei der Prioritätensetzung bezüglich des Fahnenkodex im Stadion. Das „ALLE“ steht sinnbildlich für das Wesen einer Gemeinschaft, die wir ja in der SGD wohl sein wollen und soll gleichzeitig mahnen, wie schnell Gemeinschaft brüchig, fremdbestimmt und gespalten werden kann. Die letzten 3 Jahre haben es bewiesen, wie schnell man in gute und böse, würdige und unwürdige Fans kategorisiert wird. Halten wir ALLE zusammen, dann gehen wir den Weg unserer Sportgemeinschaft auch gemeinsam weiter, denn niemand ist größer als unser Verein.

In diesem Sinne gilt auch für die Saison 2023/2024 – ALLE für DYNAMO!

Nach dem Abpfiff…

… der ersten Nach-Corona Saison, welche wieder unter regulären Bedingungen durchgeführt werden durfte, blicken wir zurück auf eine irre Saison im Wechselbad der Gefühle. Zwischen grottigem und berauschendem Fußball, sinnloser Randale in Bayreuth und atemberaubenden Geburtstagsaktionen.

Doch der Reihe nach: Abgestiegen nach einer ernüchternden Zweitligasaison und einer demütigend verlorenen Relegation gegen Kaiserslautern, wurde der Kader einmal neu durchgemischt. Die besonders schmerzhaften Abgänge von Ransi Königsdörffer zum HSV und Knipser Christoph Daferner zum Club mußten kompensiert werden. Rückholaktionen sind ja nichts Neues und daß diese gelegentlich auch etwas bewirken können, unbestritten. Daß Dynamo damit in der Vergangenheit nicht sonderlich erfolgreich war, sollte sich aber auch herumgesprochen haben. Umso verwunderter rieb sich der gemeine Dynamofan die Augen, als mit Stefan Kutschke, Akaki Gogia, Niklas Hauptmann, Jonathan Meier und zur Rückrunde auch noch Kevin Broll gleich fünf Rückkehrer im Kader standen. Ein Kader mit 31 Mann in dieser Saison, davon vier Leihspieler. Und ein Trainer, welchen wir unter normalen Umständen kaum hätten verpflichten können, wären wir in Dresden nicht der offensichtlich einzige Verein gewesen, einem Mann vom Kaliber Markus Anfang die Möglichkeit zur „Rehabilitation“ nach seiner „Impfpass-Sperre“ im Zuge der irrsinnigen Coronaregularien zu bieten. Was in Bremen als Fälscherei und Gefährdung gebrandmarkt wurde, wurde in Sachsen als Notwehr respektiert…

Der Saisonstart ging mit einer Heimniederlage gegen die mitfavorisierten Münchner Löwen schonmal in die Hose und zum Ende der Hinrunde war die Saison mit einem Abstand von neun Punkten zum Relegationsplatz quasi schon abgehakt. Lichtblicke gab es nur bei den Derbysiegen gegen Halle und in Aue. Sobald Hoffnung aufkam, wurde diese durch unnötige Punktverluste gleich wieder erstickt.

Nun darf man rätseln, was in der Winterpause geschehen ist. Sieg in München, das 7:1 – einem der höchsten Siege der Nachwendegeschichte – gegen den HFC, Sieg in Verl, zwei Unentschieden, Derbysieg gegen Aue, Dreier in Dortmund, gegen Duisburg, in Ingolstadt – diese Serie wurde mit dem direkten Aufstiegsplatz belohnt und als Gejagte patzten wir dann zuhause ausgerechnet gegen Bayreuth. Siege gegen Osnabrück und Essen bewahrten den Relegationsplatz bis die erneute Ernüchterung in Saarbrücken zuschlug. Drei Spieltage vor Schluß gelang durch den Sieg gegen den direkten Konkurrenten Wehen/Wiesbaden wieder der Sprung auf den Aufstiegsplatz, welcher in Zwickau gefestigt wurde und plötzlich waren wir wieder die Gejagten … und vergeigten ein erfolgreiches Saisonfinale kläglich in den letzten 25 Minuten beim schon feststehenden Absteiger Meppen. Ein Unentschieden dort hätte uns für den letzten Spieltag alle Möglichkeiten offengehalten. Niemand kann sich diese Katastrophe erklären, welche sich für die Älteren wie Uerdingen ´86 anfühlte. Die Liga-Titel Zuschauerkrösus und Torschützenkönig Ahmet Arslan sind dann leider nur noch Trostpreise.

Dies ist der Gradmesser der Bewertung der Arbeit unserer sportlich Verantwortlichen, im Speziellen nach mittlerweile drei Jahren in Verantwortung von Ralf Becker. Zum 1. Juli im chaotischen Coronajahr 2020 als Erbe von Ralf Minge geholt, gelang nach dem Abstieg aus der 2. Liga im Mai 2021 der sofortige Wiederaufstieg, sein Vertrag wurde daher nach anfänglich gutem Start im Herbst 2021 bis 2025 verlängert. Was danach geschah, ist bekannt. In drei Jahren fast 60 Spieler, vier Trainer. Beständigkeit wurde propagiert – hohe Fluktuation trotz großem Etat geliefert. Dem glorreichen Aufstieg 2021 stehen ein kläglicher Abstieg und ein schmerzlicher Nichtaufstieg gegenüber und Fußball zwischen „Haare raufen“ aber auch „Zunge schnalzen“. Hinzu kommt ein zur letzten Mitgliederversammlung offenbartes seltsam anmutendes Verständnis von Vereinsdemokratie (vereinspolitische Alleingänge ohne Mandat) aber auch die Fähigkeit zur Selbstkritik und eine Lernkurve. So fair sollte man dann auch sein, wenn man die Frage nach der Zukunft stellt, muß man auch die Alternative im Auge haben. Auf die Mannschaft der neuen Saison, welche mit den sicher nicht zu haltenden Conteh und Arslan zweier Leistungsträger dieser Saison beraubt wird, lastet jetzt schon ein immenser Druck, denn nichts weniger als der Aufstieg wird erwartet, noch bevor der Kader final zusammengestellt ist. Die Hoffnung ruht also vor allem auf Markus Anfang, Florian Junge und Scholle, aus den Neuzugängen zusammen mit den verbliebenen Spielern, schnellstmöglich eine erfolgreiche Mannschaft zu formen. Ein Fehlstart in der Liga oder Mittelmaß verzeiht der gemeine Dynamofan nicht. Spätestens im Herbst stünden wir dann vor einem Scherbenhaufen. Wenn es einen Fußballgott gibt, dann beten wir zu ihm, daß dies nicht passiert.

70 Jahre und kein bißchen leise – wir ham´ noch lange nicht genug

Wir werden wieder einmal „rund“. Offizieller Vereinsgeburtstag am 12. April, anno 2023 also das 70jährige Gründungsjubiläum. Aber was heißt schon Gründung. In Dresden war nie etwas einfach, immerhin schmücken wir uns ja in der Vereinshistorie mit dem Pokalsieg von 1952, also ein Jahr vor der Gründung der SGD, errungen unter dem Namen SV Deutsche Volkspolizei Dresden. Dieser Verein, gegründet im Oktober 1948, übernahm 1950 den sportlichen Spitzenplatz in der Stadt, nachdem der Nachfolgeverein des von Hitlers Deutschland protegierten Dresdner Sportclubs (SG Dresden Friedrichstadt) aus ideologischen Gründen der Machthaber in der sowjetischen Besatzungszone bzw. der jungen DDR wieder in der sportlichen Versenkung verschwand. Nach sowjetischem Vorbild wurde Anfang der 50er Jahre die Sportvereinigung Dynamo als zentraler Sportverband für die inneren Sicherheitsorgane (Polizei, Zoll, Nachrichtendienst/Stasi) gegründet und als Säule des DDR Leistungssports etabliert. Diesem Fakt wurde letztendlich am 12.4.1953 mit der Gründung der SG Dynamo Dresden durch die Fußballer des SV DVP Dresden Rechnung getragen. Jeder Fußballer unserer SGD war danach formell Polizist, angestellt beim Innenministerium der DDR. Läßt man formell besonders die letzten 35 Jahre unserer Vereinshistorie diesbezüglich Revue passieren, böten entsprechende Assoziationen sicher Stoff für unzählige Running Gags… aber dies auszuschlachten bleibt Zeiten vorbehalten, wo Sarkasmus gefragt wäre.

Viele unserer IGSGD Mitstreiter haben als Kinder und Jugendliche noch die wilden und triumphalen 70er und 80er bewußt erlebt und mitgeholfen, das Dynamo-Gen samt dem dazugehörigen Verein erfolgreich in der Bundesrepublik zu etablieren und die Sportgemeinschaft mit zu gestalten.

20. März 1991 – An diesem Datum könnte man den erfolgten Startschuß für Dynamo 2.0 festmachen. Es ist der letzte europäische Auftritt der SG Dynamo Dresden, unser 98. Europacupspiel. Mit einer gewalttätigen, erniedrigenden Vorgeschichte aus dem klar verlorenen Hinspiel, live von der ARD übertragen in die Haushalte der wiedervereinigten Republik, geriet an diesem Tag alles außer Kontrolle. Gefühlt knapp eine Etage unter der Brüsseler Heyselkatastrophe. Und mit nachhaltiger (gesellschafts)politischer Komponente, durch welches dieses Ereignis bis zum heutigen Tag immer und immer wieder als medialer Joker für alle Unsitten rund um Fanverhalten in Deutschland auf die Redaktionstische deutscher Medienanstalten geknallt wird. Oder wie es ein weiser Mann aus Reihen der SGD mal sinngemäß formuliert hat: „An diesem Tag wurde ein Scheinwerfer über uns angeknipst, den bis heute niemand wieder ausgemacht hat…“ Dynamo Dresden hatte sich im bundesdeutschen Bewußtsein als das fußballerische Teufelswerk schlechthin verankert.

32 Jahre ist dies jetzt her, für die Dynamofans, welche diese Zeit bis zum heutigen Tag aktiv erlebten und nun anläßlich des 70 jährigen Jubiläums reflektieren, war dies eine Schußfahrt quer durch alle Gefühlswelten. Liebe und Haß, Demütigung und Triumph, Niedergeschlagenheit und Euphorie, Fremdscham und Stolz – welcher Liebende eines Vereins kann auf solch eine Palette des gesamten emotionalen Spektrums zurückblicken? Für viele von uns erfolgte dies, nachdem wir bereits in den 80ern durch an den gehassten Berliner Namensvetter, mit der Stasi als Träger, verschobenen Meisterschaften, gleichzeitig aber auch mit den drei triumphalen Pokalgewinnen gegen den BFC die Gefühlsachterbahn erlebten. Glorreichen Europacupauftritten u.a. gegen Partizan Belgrad, Zenit Leningrad, AS Rom, Malmö FF standen Enttäuschungen wie gegen Feyenord Rotterdam und Standard Lüttich und Demütigungen von Rapid Wien und dem ewigen Trauma Bayer Uerdingen entgegen. So emotionsgestählt und mit dem Erbanrecht auf Europapokal ging es in den Neunzigern selbstbewußt ans gesamtdeutsche Fußballwerk, welches sich Bundesliga nennt. Für den Dynamofan war es nur eine Frage der Zeit, wann der erste deutsche Meistertitel errungen wird…

Aber irgendwann wird jeder aus seinen Träumen zurück in die Realität geholt. Bei Dynamo enden erfahrungsgemäß solche Höhenflüge in harten Landungen. Nach den letzten beiden gewonnenen Meisterschaften 1989 und 1990 sowie der Qualifikation für die Bundesliga 1991 folgte „Belgrad“ und ein großer Aderlaß. Kirsten, Sammer, Pilz, Döschner, Trautmann, Gütschow, Stübner, Minge – ab der Saison 1992/93 stand keiner mehr für uns auf dem Platz. Die mageren Ablösesummen dank Sonnenkönigen und windigen Beratern verzockt, schlugen die kapitalistischen Mechanismen in all ihrer Brutalität zu. Und dabei hatte man sich politisch opportun mit sachsengrünem Wappen und der Umfirmierung von der (Sport)Gemeinschaft zum (1. Fußball) Club den neuen Machthabern vorsorglich angedient. Immerhin, der Name Dynamo wurde irgendwie gerettet. Ein hessischer Baulöwe, der bis zum Schluß unseren Vereinsnamen nicht richtig aussprechen konnte, als Retter und dann Totengräber, der uns neben Drittklassigkeit eine sportlich und wirtschaftliche Ruine hinterlies. Vom Elfmeterkrimi gegen Leverkusen („da steht der Russe, wie Lenin auf dem Roten Platz“) und der Trotzsaison „minus 4 – na und“ zum kollektiven Heulen nach dem Lizenzentzug und damit Zwangsabstieg 1995 beim letzten Bundesligaheimspiel. Parallel dazu eine Kommunalpolitik, jederzeit bereit, der Altlast Dynamo den Todesstoß zu versetzen. OB Wagner und der CDU Förderkreis des Dresdner Sportclubs um Arnold Vaatz, welche unsere Erfolgsgeschichte Dynamo auslöschen und durch fragwürdige Tradition ersetzen wollte. Zu diesem Zeitpunkt waren wir am Boden und dem Tode nah. Es traute sich nur keiner, uns den Fangschuß zu geben.

Stolz, Trotz, Loyalität und ein unbändiger Überlebenswille halfen uns, die kommenden Jahre zu überstehen. Rückblickend ist es auch einem Dr. Kölmel und seinem Spürsinn fürs Geschäftemachen zu verdanken, daß uns wirtschaftlich nicht das Licht ausgeknipst wurde, auch wenn wir uns erst 17 Jahre später aus seinem Vertragswerk befreien konnten. Hochengagierte Fans, die Etablierung der Ultrakultur im Jahr 2000 sorgten für meßbare Präsenz und Stimmung auf den Rängen und Gestaltung des Vereinslebens. Die sportliche Stabilität und eine Truppe auf dem Rasen, welche wieder Spaß macht, gab es dann ab 2001 mit Christoph Franke, welcher eine legendäre hungrige Truppe formte und auf die Oberliga losließ. Den DSC auch sportlich als Nummer auf dem Platz abgelöst (fantechnisch war das auch ansatzweise nie Thema), Sachsenpokalsieger beim legendären Ausflug nach Plauen 2002 und Aufstieg in die Drittklassigkeit. Zum 50. Geburtstag ging es mit dem Sonderzug nach Leverkusen zum Punktspiel gegen die Bayer 04 Amateure, 15 Monate später jubelten wir mit 40.000 Fans auf dem Altmarkt, nachdem wir erst zuhause gegen Neumünster und dann an historischer Stätte in Krefeld (remember 86 Uerdingen) für den Aufstieg in die zweite Bundesliga die Sau rauslassen konnten. Das sind die Momente, für die es sich lohnt, für diesen Verein sein Herzblut zu geben, ihn zu leben.

Zukunft Dynamo kämpfte um bessere Trainingsbedingungen für den Nachwuchs, Dynamo 5000 warb mit dem Ziel 5.000 Vereinsmitglieder um Mitgliedschaften im Verein (heute haben wir 25.000!) und Pro RHS kämpfte um eine moderne Spielstätte am Traditionsstandort. Und die Dritte, unterstützt vom Fanprojekt, erhob den Breitensport mit jährlichen Aufstiegsfeiern von der Stadtklasse bis zur Landesliga zum neuen Dynamokult und war identitätsstiftend. Das Ganze garniert mit saustarken und eindrucksvollen Choreografien und Aktionen der Ultras Dynamo. Was für fantastische Jahre, deren Erfolge besonders im Bereich der Infrastruktur (Nachwuchsleistungszentrum, Stadion und mitgliederstärkster Sportverein in Sachsen) uns heute eine Basis für kommende Erfolge bietet.

Sportlich ging es mit dem Fahrstuhl immer wieder hoch und runter zwischen zweiter und dritter Liga. Wenn man Dynamofans fragt, was wohl der sportlich eindrucksvollste Moment war, werden viele das Wunder von Dresden gegen Bayer Leverkusen im Pokal 2011 nennen. Spätestens seit diesem irren Spiel sollte das Trauma von Bayer Uerdingen Geschichte sein. Von der Fanszene her, haben wir uns in der Erstklassigkeit längst etabliert. Die Vereinsstruktur und die gelebte Vereinsdemokratie konnten uns zwar nicht immer vor neuen Sonnenkönigen, korrupten und manipulativen Gestalten und Wichtigtuern schützen, aber vor feindlicher Übernahme und einseitig finanzieller Abhängigkeit gegen den Verkauf unserer Werte und unseres Namens bewahren. Zum 60. Vereinsgeburtstag wurde mit Bussen, Bahn und Autos Union „überfallen“, im Herbst bei einer legendären Mitgliederversammlung ein Aufsichtsrat gewählt, welcher den Grundstein für nachhaltige finanzielle Sanierung legte. 2016 waren wir erstmalig seit den frühen 90ern schuldenfrei und schafften es, gemeinsam mit der Stadt, ein hochklassiges Trainingszentrum zu errichten.

Nun sind wir siebzig Jahre alt geworden. Ein Alter, in welchem nach dem Willen so mancher Politiker und Wirtschaftskapitäne der gemeine Deutsche künftig in Pension gehen soll. Falls er es überhaupt schafft, dieses Alter zu erreichen. Hätten wir mit 40 gedacht, daß Dynamo auch mit 70 nicht mehr auf europäischer Ebene spielt? Konnten wir zum 50. davon träumen, schon gut sechs Jahre später im wohl atmosphärischsten Fußballstadion Deutschlands zu spielen. War es zum 60. realistisch anzunehmen, daß wir, damals 8stellig verschuldet, bereits drei Jahre später schuldenfrei sein werden und daß einige Mitglieder der Fangemeinschaft Dynamo, mit welchen wir dieses Jubiläum damals im Sonderbus nach Berlin ausgelassen und freundschaftlich feierten, zehn Jahre später eine Unterwanderung der Fangemeinschaft durch eigene Fans fürchten? Von zwei weiteren weisen Männern stammen die Sprüche „Dresden ist anders“ und „Niemand ist größer als der Verein“. Hat man beides verinnerlicht, dann kann man sicher sein, daß in einem selbst das Dynamo-Gen schlummert. Wir von der IGSGD haben daran keinen Zweifel und werden auch im kommenden Jahrzehnt aktiv den Verein mitgestalten, um zu verhindern, daß wir in die Beliebigkeit abrutschen und daß sich unverdient Kräfte im Glanze des glorreichen und klangvollen Namens sonnen, oder sich gar des Vereins für eine eigene Agenda aneignen. In diesem Sinn, laßt uns unser Vereinsleben und den Verein heute feiern und reflektieren, verbunden mit einer Ansage aus der Feder der Onkelz:

Wo Genie und Wahnsinn sich verbinden, Worte nicht nach Lügen stinken. Gibt es noch ’nen andren Weg, der steinig ist, aber den es lohnt zu gehen. Wir ham‘ noch lange nicht, noch lange nicht genug.
Auf in ein neues Jahr, wir ham‘ noch lange nicht genug.

Der guten Seele zum Achtzigsten

Gitta Müller

Heute, am 2. April 2023 wäre Gitta Müller 80 Jahre alt geworden. Gitta wer? Diese Frage können sicher nur die stellen, welche in den 90ern und 2000ern nichts mit Dynamo am Hut hatten oder einfach noch nicht alt genug waren, um Dynamo in diesen spannenden, wechselvollen Jahren zu erleben. Diese Zeit hat viele Fans geprägt und eine Generation von aktiven Fans hervorgebracht, welche bis heute den Verein mitgestalten und denen offensichtlich auch das Überleben des Vereins in den turbulenten Jahren zu verdanken ist. Eine, wenn nicht gar die Konstante schlechthin in dieser Zeit war Gitta – die „Chefsekretärin“.

Multitalent, menschlich, witzig, direkt und für jeden erreichbar. Im Verein eingestellt noch unter Rolf-Jürgen Otto ordnete sie nach dem Zwangsabstieg 1994 die Abläufe in der Geschäftsstelle und hielt quasi den Laden zusammen. Wie niemand anders hat sie Funktionäre, Trainer (14 in 12 Jahren!) und mehr als 200 Spieler kommen und gehen sehen und war für alle zu jeder Zeit Ansprechpartnerin im Organisatorischen wie Persönlichen. Ob Dieter Riedel, Jochen Rudi als Präsidenten oder Volkmar Köster als Geschäftsführer, ohne Gitta und ihre ordnende Hand sowie ihren Mut, auch gegenüber dem Chef mal ein Veto einzulegen, wäre dieser Verein unweigerlich gegen die Wand gefahren worden. Das „Mädchen für alles“ war auch für jeden von uns, die wir sie alle schätzten und liebten, immer eine erfrischende Gesprächspartnerin. Sei es beim Wiederaufbau des Merchandising, bei der Stadioninitative Pro RHS, Mitgliedergewinnung, Fanbetreuung, Wahrnehmung der Mitgliederrechte wie Protokolleinsicht, Terminfindung bei den Geschäftsführern – ohne ihre Hilfe, ihre Umsicht wäre vieles ungleich schwerer gewesen. Sie konnte Türen öffnen, Gemüter beruhigen und in schweren Zeiten aufbauend sein.

Auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben im Mai 2005 war sie weiterhin präsent und mischte auch bei vielen Aktionen kräftig mit. Und sei es als Losfee bei der Aktion FDGB Pokal (Für Dynamo Gemeinsam Bluten).

Gitta verstarb leider viel zu früh am 30.9.2017 – viele Fans, Spieler und Funktionäre erwiesen ihr die letzte Ehre. Sie steht für eine Einzigartigkeit und Menschlichkeit wie niemand anders in diesem Verein. Allein die Erinnerung an sie und unzählige Episoden hilft, Kraft zu schöpfen, zu reflektieren und uns zu erinnern, wer wir sind und warum wir dies für unseren Verein tun.

(Bildquelle: Screenshot Youtube Video Auslosung FDGB Pokal 2014 – Dynamo TV)

Auf Dich Dixie

Heute, am 25. Januar vor 72 Jahren wurde, gut zwei Jahre vor der Gründung der SG Dynamo Dresden, Hans-Jürgen „Dixie“ Dörner in Görlitz geboren. 6 Tage vor seinem 71. Geburtstag hat er uns im vergangenen Jahr nach schwerer Krankheit verlassen müssen. Als einer der bekanntesten, wenn nicht überhaupt DER bekannteste Fußballer der DDR, oft auch als Beckenbauer des Ostens bezeichnet, hat er von Ende der 60er bis Mitte der 80er Jahre den Fußball bei Dynamo und in der DDR geprägt. Seine zahllosen Erfolge und seine großartige Persönlichkeit sollten entsprechend bekannt sein, weswegen wir an dieser Stelle nur auf diese verweisen wollen.

Wir möchten seinen Geburtstag heute zum Anlaß nehmen, um einerseits an Ihn zu denken, andererseits zu reflektieren, was in Sachen überfällige Ehrung und Würdigung dieses besonderen Menschen und einzigartigen Fußballers seit seinem Ableben passiert ist:

Stadt Dresden: Im Februar 2020 wurde seitens einiger Dynamofans eine Petition zur Erteilung der Ehrenbürgerschaft für Dixie iniziiert, um einen Vorschlag/Antrag der Freien Wähler, Dixie Dörner im Jahr 2020 zum Ehrenbürger Dresdens zu ernennen, auf eine noch breitere Basis zu stellen. Auch Ralf Minge und Ulf Kirsten unterstützten den Vorschlag, etwa 1.000 Unterstützer zeichneten diese Petition mit. Im Jahr 2020 feierte Dixie Dörner seinen 70. Geburtstag und war als gewählter Aufsichtsrat der SG Dynamo Dresden ehrenamtlich tätig.

Die Behandlung der Petition im Petitionsausschuß im Juli 2020 wurde vertagt bis zur ebenfalls vor sich hergeschobenen Entscheidung über die Verleihung der Ehrenbürgerwürden im Jahr 2020 im Dresdner Stadtrat. Eine Entscheidung darüber gab es im Jahr 2020 nicht. Man mag mutmaßen, ob es an den coronabedingten Einschränkungen auch in der parlamentarischen Arbeit, ein Spekulieren auf ein möglichst populäres Wahlkampfthema anläßlich der Bürgermeisterwahl 2021 oder schlichtweg Entscheidungsunwilligkeit im Stadtrat und der Verwaltung war. Mit dem Tod von Hans-Jürgen Dörner am 19. Januar 2021 war das Thema Ehrenbürgerschaft vom Tisch, da die Ehrenbürgerwürde in Dresden nur zu Lebzeiten des zu Würdigenden verliehen werden kann. Nach Dixies Tod im Zuge der riesigen und ergreifenden Anteilnahme überboten sich Politiker aller Schattierungen mit Vorschlägen zur Ehrung unseres Ehrenspielführers.

8. Februar 2022 – Antrag der Linksfraktion zur posthumen Verleihung der Ehrenbürgerwürde, Benennung einer Straße, Errichtung eines Denkmals und einer Erinnerungstafel, Stiftung eines Pokals

11. Februar 2022 – Antrag FDP und Freie Wähler zur Umbenennung der Lennéstraße in Dixie-Dörner-Straße

16. Februar 2022 – Antrag der CDU Antrag auf angemessene Ehrung in Form der Auslobung eines Stipendiums und der Benennung einer Straße nach Dixie Dörner

Der letzte Stand bezüglich einer Ehrung in der Stadt Dresden wird hier in dieser Pressemitteilung des Rathauses vom gestrigen Tag (24.01.2023) dokumentiert. Wir nehmen es vorweg. Auch am 72. Geburtstag von Dixie ist seitens der Stadt Dresden außer vielfältigen Willensbekundungen noch nichts passiert. Schlimmer noch, nach der verpassten Verleihung der Ehrenbürgerwürde (nur) zu Lebzeiten, ist die Bennennung einer Straße oder eines Platzes frühestens 5 Jahre nach dem Ableben möglich. Daß die Satzung der Stadt Dresden so umgeschrieben wird, daß entweder die posthume Verleihung von Ehrenbürgerwürden oder die Benennung von öffentlichen Plätzen ohne Fristen möglich werden, das ist in der aktuellen Konstellation des Dresdner Stadrates eher unwahrscheinlich. Es bleibt zu konstatieren: Ehrung durch die und in der Stadt Dresden: Wiedervorlage im Januar 2027.

Stadt Görlitz: Unmittelbar nach Dixies Tod gab es bei Görlitzer Vereinen, im Stadtrat und durch Oberbürgermeister Octavian Ursu sofort konstruktive Vorschläge zur Ehrung des Ausnahmesportlers in seiner Geburtsstadt. Umbenennung von Straße, Platz oder Sportstätten. Es sah anfangs sehr vielversprechend aus, daß dazu im Jahr 2022 eine Entscheidung gefällt werden konnte. Umbenennung des Teils der Parsevalstraße (führt am Stadion der Freundschaft vorbei) oder des Brautwiesenplatzes in der Nähe seines Elternhauses? Umbenennung des Stadions der Freundschaft, der „Jungen Welt“ oder des Sportplatzes Biesnitz, wo Dixie als Kind seine ersten Bälle in die Maschen hämmerte. Aus der ursprünglichen Görlitzer Ehrungseuphorie wurde binnen eines Jahres Ernüchterung und kommunales Taktieren. Eine Entscheidung ist auch hier erst einmal in weite Ferne gerückt. Ernüchterung an der Neiße wie an der Elbe.

Dynamo: Immerhin ist auf die Dynamofans und -mitglieder Verlaß. Die Dynamomitglieder verliehen ihm als erstem (von mittlerweile 9 Spielern) die Ehrenspielführer-Würde und wählten ihn seit 2013 mehrfach in den Aufsichtsrat. Der Briefdienstleister und Dynamo Partner POST Modern legte zum 70. Geburtstag eine Sonderbriefmarke auf. Anläßlich dieses Ehrentages wurde die Westtribüne (früher umgangsprachlich die Hornbachtribüne) in Dixie-Dörner-Tribüne umbenannt. Die 2007 von Dynamofans gegründete Fußbanachwuchsstiftung Dresden wurde kurz nach dem schmerzlichen Ableben von Dixie im vergangenen Jahr in Dixie-Dörner-Stiftung umbenannt, um das Fußballidol zu ehren und den Stiftungszweck in seinem Sinn umzusetzen. Die SG Dynamo Dresden trat der Stiftung im November durch einstimmiges Votum der Mitgliederversammlung im letzten Jahr bei und erklärte eine jährliche Zustiftung. Dynamo TV produzierte eine 80 minütige Doku über Dixie Dörner. Zum ersten Todestag vergangene Woche gedachten ihm Fans, Stiftung, Verein und Prominente und natürlich die aktive Fanszene. Zumindest auf die Dynamofans ist Verlaß, wenn es darum geht, Mensch und Legende Dixie zu würdigen. Am 4.2. alle ins Stadion zu Ehren von Dixie und heute ein Gläschen auf den Jubilar, mit einem Lächeln im Gesicht in Erinnerung an seinen unglaublichen Spielwitzes, seine Schlitzohrigkeit und viele große Momente mit ihm in diesem Verein.

Neues Jahr, neues Glück, altes Leid…

Nach der extralangen Wüsten-WM-bedingten Winterpause rollen nun auch die Bälle in der 3. Liga wieder. Womit wir erstmal beim alten Leid wären. Zuhause ein Auftakt-Remis gegen den Tabellenletzten Meppen. Diesen Frust haben die Dynamofans also schon mal unbeschadet ins neue Jahr mit übernehmen können. Ungeachtet dessen zog es trotzdem bei hochwinterlichen Verhältnissen Hunderte Fans in den hohen Norden zum ersten Auswärtsspiel in Oldenburg. Auch Mitstreiter der IGSGD sind mit ihren Fanclubs mit am Start, wie obiges Foto (danke an Maik) dokumentiert.

Ein Jahr ist es nun her, daß uns Dixie Dörner für immer verlassen hat. Zum ersten Todestag wurde seitens des Vereins und der Fans, auch von uns, seinem Ableben gedacht und an seinem winterlich verziertem Grab mit Rosen und Lilien etwas Farbenfreude verbreitet. Es erinnert uns auch gleichzeitig daran, wie sehr uns aktuell bodenständige und engagierte Fußballerikonen aus einer erfolgreichen Ära im Verein fehlen. Mit Fachlichkeit, Menschlichkeit und hohem Ansehen bei den Fans. Wahrscheinlich war Dixie der letzte seiner Art.

In der Debatte um den jährlichen Zuschuß zum Stadionbetrieb durch die Stadt Dresden hat Dynamo ja mittlerweile viel erlebt. Bereits im vergangenen Jahr versuchten einzelne Stadträte den dringend benötigten Zuschuß zu torpedieren, zu blockieren oder an Bedingungen zu knüpfen, welche in die Vereinszwecke hineinreichen. Besonders vorgetan hat sich der grüne Stadtrat Torsten Schulze, welcher sich bei den Dynamofans mittlerweile den Beliebtheitsgrad von penetrantem Fußpilz „erarbeitet“ hat. Seine Vorstöße zur Streichung oder Minderung des Zuschusses sind in dieser Woche zumindest im Sportausschuß die Grenzen aufgezeigt worden. Ebenso ein SPD Antrag den Zuschuß von der Integration von Frauenfußball im Verein und weiter verstärkter Fanarbeit abhängig zu machen. Am 26. Januar entscheidet nun der Stadtrat aufgrund der Empfehlung des Sportausschusses, für die nächsten 2 Jahre jährlich 1,5 Millionen Zuschuß zum Stadionbetrieb im Haushalt einzustellen.

Wir werden sehen, was uns das Jahr 2023 nun bringt und wie wir es gemeinsam mit allen Dynamofans und den Gremien gestalten können. Sportlicher Erfolg, besserer Zusammenhalt und weiterhin viel Kreativität der aktiven Fanszene wären zum 70jährigen Vereinsjubiläum, welches wir dieses Jahr sicher gebührend feiern werden, sind angemessene Wünsche für das neue Jahr.

Nachlese zur Mitgliederversammlung

Danke an den alten und viel Erfolg für den neuen Aufsichtsrat

Auch wenn es sportlich alles andere als rosig aussieht, es ist gut zu wissen, daß Vereinsdemokratie mit allen Kontroversen noch so gut funktioniert. Dynamo Dresden befindet sich aber weiterhin in ziemlich stürmischen Gewässern mit vielen Unwägbarkeiten. Die Blicke der fast 25.000 Köpfe zählenden Vereinsmannschaft gehen zwar skeptisch in Richtung Kapitän und Steuermann, vertrauen aber dem Großteil der Offizierscrew. Gut, wir sind nicht Hansa Rostock und befinden uns auf keiner Kogge, aber diese maritime Metapher passt trotzdem ganz gut zur vergangenen Mitgliederversammlung.

Rund 750 Mitglieder waren im ICC anwesend. Eine illustre Mischung aus Spannung und Entspanntheit, Klassentreffen und Klassenkampf, Schaulaufen und einfach nur Dabeisein, kurzum: Vertraute typische Dynamo-MV-Atmosphäre. Eingeschlafene Gesichter gab es höchstens beim Blick auf die Getränkepreise im ICC. Was aber dem erfahrenen Dynamomitglied mittlerweile nix neues mehr ist und die Survivalstrategie deshalb schon seit Jahren aufs zuverlässige UD Mobil und eigene Depots ausgerichtet ist. Die Presse saß nach dem letzten Ausschluß „auf Bewährung“ mit im Saal. Da nach erfolgter Presseschau mindestens einer der Bleistift- und Tastaturakrobaten den Ernst der Lage immer noch nicht verstanden hat, liegt die Hand des Bewährungshelfers bereits an der Roten Karte.

Im Punkt 1 wurden die Beitritte zu zwei Körperschaften im Rahmen einer Außerordentlichen Mitgliederversammlung behandelt. Der Beitritt zur Dixie-Dörner-Stiftung bekam eine beindruckende Einstimmigkeit, weil Ehrensache und aus dem Verein heraus geboren, Teamsport Sachsen erhielt eine größere Mehrheit an Ablehnung als es an Zustimmung bedurft hatte. Nicht nur die schlechte Vorbereitung in der Vorstandsetage, auch das Grundansinnen des Vereins, einige vakante Mitstreiter und Agierende mit denen man nicht viel Gemeinsamkeiten hat, sowie drohende finanzielle Untiefen im Satzungswerk dieses Vereins ließen den mündigen Vereinsmitgliedern keine Chance, als für Dynamo als den mitgliedsstärksten Verein in Sachsen dieses Kapitel gleich wieder zu beenden. Im besten Fall landet Teamsport Sachsen gleich wieder auf der Müllhalde der sächsischen SportPOLITIK. Stattdessen starteten die Ultras Dynamo eine Spontanspendenaktion zum avisierten Rückkauf des Fanshops, was zum Schluß der Veranstaltung sensationelle gut 1.600 Euro einbrachte. Tja-auch so und vor allem so geht sächsisch!…

Die Jahreshauptversammlung wurde vom Präsidenten und Versammlungsleiter Holger Scholze eröffnet moderiert. Mit der Erkrankung vom kaufmännischen Geschäftsführer fehlte eine der beiden absehbaren Reizfiguren dieser MV für die von der Mitgliedschaft geforderte „Tacheles-Rede“. Immerhin ist die Jahreshauptversammlung die einzige Möglichkeit für jedes Mitglied, einmal im Jahr Rechenschaft vom Vorstand einzufordern. Dazwischen ist dies nur dem Aufsichtsrat möglich, der in dieser MV auch zu diesem Zweck für 3 Jahre gewählt werden soll. Zum Anfang einer Mitgliederversammlung ist es guter Brauch, die erste Mannschaft samt Trainer zu präsentieren, angesichts des Wüsten-WM bedingten frühen Urlaubes der Profis und sicher auch der sehr durchwachsenen Saisonleistung unter allen Erwartungen war es schlicht gutes timing, daß es in diesem Jahr so nicht der Fall war. Bloß gut, daß es außerhalb der Profis auch noch Fußball im Verein gibt und zwar sehr erfolgreichen. Die U19 Junioren stehen derzeit auf einem sensationellen Rang 2 der Bundesliga und hatten es sich redlich verdient, von den anwesenden Mitgliedern frenetisch mit standing ovations gefeiert zu werden. Das kam allseits von Herzen, machte stolz auf die jungen Kämpfer in unseren Farben und auch auf eine jahrelange ausgezeichnete Jugendarbeit. Wir hoffen, daß dem einen oder anderen Nachwuchskicker ebenso ein Gänsehautgefühl überkam, das würde beweisen, daß dort sehr viel Dynamogene vorhanden sind. Solche Momente sind im Vereinsleben unersetzlich. Danke dafür.

Auf die Berichte der Gremien wollen wir an dieser Stelle verzichten, dies wurde sicher in den einschlägigen Medien behandelt, den kaufmännischen Part übernahm unser bestellter Wirtschaftsprüfer in eindrucksvoller, professioneller Manier. Wir stehen wirtschaftlich gut da, haben einen sehr treuen und loyalen Kreis von Sponsoren aber Unsicherheiten bei den coronabedingten Entschädigungen. Kommunalpolitische Torpedierung des Betriebskostenzuschusses, vor allem aber ausbleibender sportlicher Erfolg könnten diese Situation mittelfristig rapide dramatisieren. Hier ist vor allem die sportliche Leitung gefragt, welche deshalb zur MV auch seitens der Mitgliedschaft heftig attackiert wurde. Ralf Becker bewahrte zwar die Contenance, offenbarte aber auch – speziell auf avisierten Frauenfußball – ein ganz eigenes Verständnis von unserer Satzung. Dem neuen Aufsichtsrat bleibt es vorbehalten, hier dem sportlichen Geschäftsührer klare Vorgaben zu machen, klare sportliche Prioritäten zu setzen und kurzfristig Erfolge einzufahren. Bei Ralf Minge wurde an dieser Stelle, an welcher sich Ralf Becker fast schon befindet, trotz Idolstatus, die Reißleine gezogen. Ungeachtet dessen wurde Ralf Becker für die vergangene Saison Entlastung erteilt. Die Entlastung von Jürgen Wehlend wurde, wegen krankheitsbedingt nicht persönlich abgelegter Rechenschaft vor den Mitgliedern, vertagt. Angesichts der trotzdem guten Zahlen sollte diese jedoch zur nächsten MV reine Formsache sein.

Zur Aufsichtsratswahl für die 6 Gremienplätze stellten sich 14 Kandidaten und eine Kandidatin, die Vorstellung erfolgte bereits im Vorfeld während zweier Mitgliederstammtische. Wundersamerweise gab es keine Rückfragen an die Kandidaten und die Kandidatin. So wurde gleich zur Wahlhandlung geschritten. An dieser Stelle unser herzlicher Dank an die wie immer souverän agierende Wahlkommission.

Im Normalfall folgt dann ein Konvult aus Satzungsänderungs- und sonstigen Anträgen, in diesem Fall waren es nur deren zwei. Der Fanshopbetreiber in persona der mit Dynamomitgliedschaft ausgestatteten Verantwortlichen beantragte eine Nuancierung der Satzung, sodaß der Ausrüster bei der Gestaltung des von ihm zu verantworteten Merchandising erhält. Angesichts einiger Design-Entgleisungen in der Vergangenheit, einer „Atmosphäre“ fundamentaler Vereinsidentität im Saal und damit relativer Chancenlosigkeit des Unterfangens, wurde nach emotionaler Debatte der Antrag zurückgezogen. Unserem Antrag auf Neuausrichtung des SGD Preises war nach ebenso leidenschaftlicher aber fairer Debatte ebenfalls kein Erfolg vergönnt. Ein deutlicher Teil der noch im Saal verbliebenen knapp 400 Mitglieder stimmte dagegen.

Zum Schluß wurden die neuen Aufsichtsräte verkündet. Es gab nur einen Personenaustausch und mit dieser Besetzung erhoffen wir uns die entsprechende Frische, besonders was die Kommunikation auf kommunalpolitischer Ebene betrifft. Dort wurde leider in den letzten Jahren einiges an bis dahin mühsam aufgebauten guten Verbindungen einem stiefmütterlichen Dasein überlassen, was uns nun auf die Füße fallen könnte. Handelt es sich doch um nichts weniger als den existenziell wichtigen Betriebskostenzuschuß, der aktuell besonders von der Speerspitze der grünen Dynamo-Allergiker Torsten Schulze torpediert wird.

Bleibt zu konstatieren, daß unser Verein mit all seiner Vielfalt und Auslebung von Basisdemokratie putzmunter und vielleicht auch wieder etwas näher aneinander gerutscht ist. Erste Themen für das kommende Jahr sind bereits gesetzt. Rückkauf des Fanshops und Frauenfußball im Verein bieten bereits wieder ein sehr hohes Potential für leidenschaftliche Debatten. In der Hoffnung, daß die MV in einem Jahr wieder so durchgeführt werden kann und nicht anderweitig Ungemach droht, fiebern wir dem bereits jetzt schon entgegen, wenn es dann wieder heißt: Alle Jahre wieder.

MV Vorlese Teil 2 (Alle Jahre wieder)

Ein Sonnabend im November im Kongreßzentrum am Elbufer Dresdens: Alljährlich treffen sich dort zwischen 750 und 1.000 (das sind 3-5 % der) Vereinsmitglieder der SG Dynamo Dresden e.V. zur Mitgliederversammlung, um über Personen und Sachen, Rückblicke und Ausblicke und die Definition von Triumph und Tränen zu debattieren und das Regelwerk des Vereins – die Vereinssatzung – fortzuschreiben. Die Mitgliederversammlung ist das oberste Organ des Vereins. Es treffen Eloquenz auf Prolligkeit, Bodenstand auf Selbstdarstellung, Tradition auf Wokeismus, alt auf jung. Kurzum, für den Genießer von Basisdemokratie und emotionalen Diskussionen schlichtweg DAS Popcorn-Ereignis des Jahres.

Am 26.11. ist es nun wieder so weit. Nach drei Jahren erkältungspolitischer Abstinenz vom regulären Prozedere steht einiges auf der Tagesordnung, was wir unseren geneigten Lesern vor dem gelebten Hintergrund 30-40 jährigem Dynamodaseins unserer Initiativmitglieder nahebringen möchten. Eine Wahlempfehlung für den Aufsichtsrat hatten wir ja vor wenigen Tagen an dieser Stelle schon ausgesprochen.

Los geht´s mit einer vorgelagerten außerordentlichen Mitgliederversammlung. Diese ist – sofern nicht von den Mitgliedern mit dem entsprechenden Quorum selbst begehrt – meist notwendig, wenn es darum geht, daß der Verein seinen Zweck ändern oder sich selbst auflösen will, beabsichtigt eine eigene Körperschaft zu gründen, zu fusionieren oder selbst Mitglied in einer Gesellschaft, Körperschaft, Stiftung oder einem Verband werden will. Dazu muß dies im Rahmen einer AOMV geschehen und mindestens 80 % der Anwesenden für den gestellten Antrag stimmen. Es steht die Beteiligung an der Dixie Dörner Stiftung und der Beitritt zum Verein Teamsport Sachsen e.V. zur Abstimmung. Die Dixie Dörner Stiftung ist die zu Ehren unseres Ehrenspielführers umbenannte Stiftung Fußballnachwuchs Dresden, welche 2008 von den Freunden von Pro RHS gegründet wurde und den Nachwuchsfußball der Region mit fördert. Den Grundstock der Stiftung legte damals der Verkauf von Inventar und Reliqiuen aus dem alten Dynamostadion sowie diverser Auktionen. Dynamo begleitet die Stiftung seit deren Gründung. Mit dem Beitritt des Vereins soll die Stiftung aktiviert werden, weitere Zustiftungen vereinfacht und natürlich in diesem Sinn unserem Dixie alle Ehre gemacht werden. Viel weniger als 100 % Zustimmung zum Antrag wäre eine Enttäuschung.

Schwieriger wird es mit Beitrittsantrag Nummer 2. Teamsport Sachsen e.V., als Initiativzusammenschluß der Spitzenball- und Kufensportvereine in Sachsen, iniziiert in Aue, getragen von allen relevanten Ball- und Eissportvereinen von Dynamo bis zu den DSC Volleyballerinnen, vom DHFK bis RB Leipzig, vom ETC Crimmitschau bis Fortschritt Bischofswerda. Ursprünglich aus der Not des Zuschauerverbotes zu Beginn der harten Corona Lockdown Maßnahmen und des zwangsweisen Einstellens des Spiel- und Trainingsbetriebes gegründet, um zusammen gegen repressive Politik und auf der Suche nach Alternativen vorzugehen. Soweit, so gut, so ehrenhaft, aber auch nur – mild umschrieben – mäßig erfolgreich. Der Ursprungszweck entfällt mittlerweile, man will die Konstruktion aber nicht aufgeben und sucht sich neue Ziele und gründet einen Verein. Damit wird die Beteiligung von Dynamo zustimmungspflichtig durch die Mitgliedschaft. Und diese ist berühmt dafür, vieles zu hinterfragen. Prinzipiell ist solch ein gemeinsames Sprachrohr ja zu begrüßen. Nur, was sollte Teamsport Sachsen anders machen als der zentrale Dachverband der Sportvereine in welchem bereits alle organisiert sind – der Landessportbund Sachsen? Und was vertreten eigentlich die Fachverbände der Sportarten wie Sächsischer Fußballverband, der Sächsische Sportverband Volleyball, der Sächsische Eissportverband und der Handballverband Sachsen? Brauchen wir noch eine institutionelle Konstruktion, welche mit Mitgliedsbeiträgen gefüttert wird, um Werbeagenturen zu beschäftigen, welche Marketingkampagnen fahren und Sponsorengelder wie z.B. von Sachsenlotto, ohnehin gedacht fürs Gemeinwesen, quer abgreift um diese eher selbstlegitimierend an seine Mitglieder verteilt? Jeder Verein betreibt eine eigene Marketingabteilung, es gibt keinen Grund, hier einen zentralen Verein mit solcherart Handlungsfeldern dazwischen zu schieben. Ein gemeinsames Vorgehen von Sportvereinen mit ähnlichen Problemen ist lobenswert, eine Institutionalisierung eines neuen übergeordneten Konstrukts hingegen ist mindestens zu hinterfragen. Auch in Aue, Zwickau und Chemnitz gibt es Bedenken in der Fanszene hinsichtlich dieses Engagements. Stimmt Sachsens größter Sportverein – die SGD – dem nicht zu, ist es fraglich, ob TeamSport Sachsen seinen nunmehr eingeschlagenen Weg weitergehen kann und wird. Zur Vorhaltung für Krisenzeiten ist solch eine Konstruktion eher untauglich, zur Interessenvertretung gibt es bereits Vereinigungen in welchen wir Mitglied sind. Abstimmungsempfehlung: Ablehnung.

In der Hauptversammlung wird neben der Entgegenname der Berichte aus den Gremien und der Wahl der neuen Aufsichtsräte über eingereichte Anträge abgestimmt. Die Entlastungsanträge sind obligatorisch und denen wird in der Regel auch zugestimmt. Auch wenn die Mannschaft grottigen mäßig erfolgreichen Fußball abliefert, dies ist kein Versagungsgrund zur Entlastung. In der Ära Maas, Hendel, Mulansky gab es letztmalig derart gravierende Verstöße, daß die Entlastung einstweilen verwehrt wurde. Was trotzdem ohne Konsequenzen blieb. Insofern sollte die Zustimmung zur Entlastung aller Gremien in diesem Jahr reine Formsache sein.

Zur Änderung der Satzung steht in diesem Jahr nur ein Antrag auf der Tagesordnung. Das sieht zwar nach einer Formsache aus, könnte es aber in sich haben. Nach den Farbspielereien des Fanshops bem Teamwear wurde die Satzung bezüglich der Vorgaben zur Farbgebung und Logogestaltung durch den jeweils offiziellen Ausrüster klar und teils restriktiv definiert. Der Antrag zielt auf eine Lockerung der Vorgaben außerhalb der offiziellen Teambekleidung. Einen pauschalen Vorschlag zum Abstimmungsverhalten können wir nicht unterbreiten, dazu wird es in der Versammlung selbst sicher noch einige Rückfragen geben. Wenn sichergestellt ist, daß farbliche Abartigkeiten, welche unsere Vereinsfarben und das Wappen entstellt wirken lassen, weiter verhindert werden kann, sollte dazu in der MV auch ein guter Kompromiß gefunden werden.

Schlußendlich steht der Antrag zur Neuausrichtung und den Vergabemodalitäten des mittlerweile seit 2012 vergebenen SGD Preises. Die Preisträger und Vergabemodalitäten sind auf der Internetpräsenz unseres Vereins einsehbar. Ziel des Antrages ist es zu aller erst, die Mitgliedschaft in ihrer Gesamtheit selbst in die Entscheidungsfindung über den Preisträger mit einzubinden und auch die bisherige Wortspielerei mit unserem Vereinskürzel zu entflechten. SGD heißt SPORTGEMEINSCHAFT DYNAMO- PUNKT. Besonders die letzten Jahre haben gezeigt, daß Diskriminierung quer durch alle Schichten und gegen alle möglichen Personengruppen erfolgen kann und es zur gesellschaftspolitischen Frage wird, wer Diskriminierung als solche im Einzelfall definiert und die Deutungshoheit für sich beansprucht. Dies bedeutet ausdrücklich nicht, daß Vereine, welche sich z.B. stark um Integration und gegen Diskriminierung bemühen, künftig nicht zum Kreis der Preisträger gehören können. Aber es gilt, weitere Themenfelder sozialen, caritativen, sportlichen Engagements regional zu berücksichtigen. Das Leitbild der SGD sieht deshalb vor, Dinge im Verein GEMEINSAM weiter zu entwickeln. Dies ist eine Chance, genau das zu tun. Der Vorteil des neuen Auswahl- und Entscheidungverfahrens ist auch, daß bereits alle Kandidaten während des Auswahlverfahrens eine größere Öffentlichkeit für ihr Anliegen oder ein Projekt erhalten. Egal ob im Bereich der Flüchtlingshilfe, Engagement für krebskranke Kinder oder außerordentliches breitensportliches Engagement. Bei 25.000 Vereinsmitgliedern ist es zudem nicht unwahrscheinlich, daß die eine oder andere Bewerbergruppe durchaus nur durch die Kandidatur und damit Kenntnisnahme durch die Dynamomitglieder Mitstreiter oder andere Hilfen gewinnen können. Daß der Preisträger dann durch das oberste Organ des Vereins auserwählt und legitimiert wird und die Kürung zum jährlichen Vereinsjubiläum erfolgt, gibt dem SGD Preis und damit auch der öffentlichen Darstellung unseres sozialen Engagements sogar noch etwas mehr Gewicht. Bildet das Votum doch auch den Querschnitt der Vereinsmitglieder mittels einer basisdemokratischen Entscheidung ab. Der SGD Preis ist zu wichtig, um allein in den Hinterzimmern der Sozialarbeit im Umfeld von Dynamo entschieden zu werden. Wo SGD drauf steht, sollte auch die Gesamtheit der SGD drin sein. Insofern sollte eine Zustimmung zum Antrag Ehrensache sein.